BERLINER WIRTSCHAFT 11/17
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TITELTHEMA
FOTO: ROLAND HORN
Groth Gruppe
Thomas Groth,
Geschäftsführer
Seit 35 Jahren
entwickelt das
Unternehmen
Immobilienprojekte,
seit 1995 unter dem
Namen Groth Gruppe
170 Mitarbeiter
betreuen etwa
140 Gewerbe- und
Wohnungsbauvor-
haben: insgesamt
zirka 13.000 Wohn-
einheiten und 24
Bürogebäude
längere Bahnsteige, zusätzliche Gleisanlagen und
neue Haltepunkte. Auch müssen Engpässe auf der
Schiene beseitigt werden.
Entsprechend überfällig ist die im Oktober
2017 von Berlin, Brandenburg und der Deutschen
Bahn AG verabschiedete Rahmenvereinbarung
mit dem Kürzel „i2030“ über die Entwicklung des
Schienenverkehrs in den beiden Ländern. „End-
lich ist es Berlin und Brandenburg gelungen, ei-
ne Einigung zur Verkehrsentwicklung zu errei-
chen“, erklärt Dr. Marion Haß, Geschäftsführerin
Wirtschaft&Politik der IHK Berlin. „Dafür ha-
ben wir lange gekämpft, denn: Wir sind eine ge-
meinsame Wirtschaftsregion und haben gemein-
same Verkehrsnetze, die wir nur gemeinsamwei-
terentwickeln können.“ Insgesamt acht Korridore
sieht i2030 vor. Dazu zählen die Verlängerung der
S-Bahn von Spandau über Falkensee nach Nauen,
die Reaktivierung der sogenannten Stammbahn-
trasse zwischen Berlin und Potsdamund derWie-
deraufbau der Strecke Hennigsdorf–Velten. Exper-
ten kritisieren, dass die Länder bisher weder kon-
krete Finanzmittel noch Zeitvorgaben für die ein-
zelnen Projekte beschlossen haben.
Verkehrsinfrastruktur hält nicht Schritt
Unannehmlichkeiten gibt es allerdings nicht nur
auf der Schiene. Auch die Verkehrsinfrastruktur
auf der Straße hält mit der dynamischen Entwick-
lung nicht Schritt. Mit Blick auf die Erreichbarkeit
von Wirtschaftszielen bereitet Fachleuten unter
anderem das Überqueren der Landesgrenze von
Berlin nach Brandenburg Sorge. Eines der grundle-
genden Probleme in diesemZusammenhang: Kos-
ten und Nutzen fallen oft nicht in derselben admi-
nistrativen Einheit an.
Diese insgesamt schwierige Verkehrssituati-
on trifft auch die Müller-Zeiner Industrieverpa-
ckungen GmbH ganz erheblich. 120 Mitarbeiter
hat das Unternehmen an vier Standorten in Ber-
lin, Brandenburg und Bayern. Sie planen, entwi-
ckeln und bauen hochwertige Verpackungslösun-
gen. Die Fachleute des Industriebetriebs verpassen
ganz unterschiedlichen ProduktenvomKunstherz
über die Wachsfigur des Alten Fritz bis zu großen
Turbinen von Siemens Hüllen aus umweltfreund-
lichem Holz für den sicheren Transport. „Kaputte
Straßen, marode Brücken: UnsereWerkstattwagen
stecken regelmäßig im Großraum Berlin im Stau“,
ärgert sich Geschäftsführerin Gabriele Köstner.
„Kunden entstehen damit unnötige Wartezeiten.“
Schwierigkeiten bereitet dem Unternehmen auch
Unternehmensgruppe Spitzke beschäftigt rund 750
ihrer insgesamt 1.970 Mitarbeiter in Großbeeren.
Probleme bereitet, dass die Infrastruktur im Ver-
gleich zur dynamischen Entwicklung der Wirtschaft
nicht mitwächst: Erweiterungsfähige Flächen in Ber-
lin gibt es kaum noch, und auch im Umland nimmt
das Angebot gerade in verkehrsgünstigen Lagen ab.
Zugleich fehlt ein gemeinsames Vorgehen, etwa mit
Blick auf Ansiedlungsvorhaben. Berlin und Branden-
burg entwickeln Gewerbeflächen ohneAbstimmung.
Immer engere Verflechtungen der Wirtschafts-
region Berlin-Brandenburg zeigen sich auch beim
Themenbereich Verkehr. Sichtbares Zeichen da-
für ist die stetig wachsende Zahl von Menschen, die
zu ihrem Arbeitsplatz pendeln. Die Zahl ist seit 1999
ummehr als 60 Prozent gewachsen. Imvergangenen
Jahr fuhren etwas mehr als 200.000 Menschen täg-
lich aus Brandenburg zur Arbeit nach Berlin. Hinzu
kommen weitere Pendler aus anderen Bundeslän-
dern oder auch aus anderen Staaten wie etwa Polen.
Umgekehrt pendelten knapp 85.000 Menschen täg-
lich von Berlin nach Brandenburg zur Arbeit. Prog-
nosen gehen von einer zunehmenden Pendlerdyna-
mik in der Region aus, die bereits heute auf eine an
ihre Leistungsgrenze stoßende Verkehrsinfrastruk-
tur trifft. „Wir merken es alle jeden Tag auf demWeg
zur Arbeit oder beim Wochenendausflug: Die Züge
werden immer voller!“, so Geschäftsführerin Susan-
ne Henckel vom Verkehrsverbund Berlin-Branden-
burg. „Vor allem in den Spitzenzeiten wird es immer
schwieriger, noch einen Sitzplatz zu bekommen.“ Und
künftigwerden nochmehr Züge und Kapazitäten be-
nötigt. Dafür braucht es mehr Infrastruktur wie etwa