BERLINER WIRTSCHAFT 11/17
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MEINUNG & MACHER
Auslandserfahren: André Glardon war in Russland, Spanien, Australien und in den USA tätig
FOTO: AMIN AKHTAR
André Glardon
baut seit dem Jahr
2011 das Geschäft der
Medneo GmbH auf
Hinter
unserem
Geschäftsmo-
dell steht der
Begriff der
Sharing
Economy.
Träger sowie für Forschungseinrichtungen und
werden am Ende pro Bild bezahlt.
Warum sind die Geräte so schwach ausgelastet?
Etwa 99 Prozent aller bildgebenden Diagnos-
tik-Einheiten weltweit werden bisher von Ärz-
ten betrieben. Das klassische Modell ist, dass ein,
zwei oder drei Ärzte – insbesondere Radiologen
– sich ein Gerät oder mehrere Geräte für die ei-
gene Praxis anschaffen. Dann ist das vergleichbar
mit einer Familie, die zwei oder drei Autos besitzt:
Die Fahrzeuge stehen sehr oft ungenutzt herum.
Dieses Thema sind wir angegangen, um die Aus-
lastung zu steigern und die Stückkosten zu sen-
ken, ohne dabei die Qualität zu kompromittieren.
Wie machen Sie das?
Hinter unseremGeschäftsmodell steht der Begriff
der Sharing Economy. Statt etwas allein zu besit-
zen, sind Menschenmehr und mehr bereit zu tei-
len. Ein anderes Beispiel dafür ist Carsharing. Das
einzelne Autowird dabei ja auch sehr viel stärker
ausgelastet, gehört aber nicht mehr einemEinzel-
nen. Arbeitsplatzlösungen in Coworking Spaces
funktionieren nach dem gleichen Prinzip.
Und Sie sorgen jetzt dafür, dass mehrere Ärzte sich
die Geräte teilen?
Wir sorgen dafür, dass Ärzte, Krankenhäuser
oder Forschungseinrichtungen die Geräte gar
nicht mehr selbst betreiben müssen. Sie bekom-
men einfach Bilder nach ihren individuellen Spe-
zifikationen geliefert. Wir sorgen dafür, dass die
Geräte gut ausgelastet sind, gleichzeitig aber für
Patienten in dringenden Fällen auch kurzfristig
Termine gefunden werden. Spannend ist, dass
Patienten fast rund umdie Uhr kommen können,
weil wir die unterschiedlichen Lebensbedürfnis-
se der Ärzte abbilden. Einige Ärzte arbeiten lieber
abends oder amWochenende, so können Patien-
ten auch um 23 Uhr ein MRT bekommen.
Was ändert sich denn noch für Patienten?
Patienten können immermithilfemodernster Ge-
rätetechnologie untersucht werden. Und zukünf-
tig werden Patienten noch stärker von der Digi-
talisierung profitieren – sei es über Online-Ter-
minierung, Zweitmeinungen oder der digitalen
Radiologieakte. Das heißt: Wer in Singapur zum
Arzt muss, kann die Bilder, die in einem Berliner
Medneo-Zentrum gemacht wurden, problemlos
auch dort web-basiert einsehen lassen. Es wird
auch einfacher, elektronisch eine Zweitmeinung
von einem Spezialisten einzuholen, selbst wenn
der in Amerika sitzt.
Sie haben in Berlin gegründet, obwohl Sie zuvor in
Süddeutschland und imAusland tätigwaren.Warum?
Hauptgrundwar, dass imGesundheitswesen sehr
viel in Berlin passiert – zum Beispiel finden hier
sehr viele Kongresse für die Branche statt. Au-
ßerdemwollten wir von Anfang an nicht nur den
deutschenMarkt imFokus haben, sondern ein in-
ternational orientiertes Unternehmen aufbauen.
Daher sind für uns die Auslandsvertretungen, die
in Berlin ansässig sind, wichtig. Eine gewichtige
Rolle hat auch gespielt, dass Berlin-Brandenburg
sich selbst als Gesundheitscluster sieht.
War die Entscheidung für Berlin richtig?
Ja, wir haben sehr vom Gesundheitscluster und
von einzelnen Organisationen in Berlin und Bran-
denburg profitiert. So konnten wir die richtigen
Kontakte aufbauen. Berlin Partner hat bei der Im-
mobiliensuche geholfen, sodass wir anfangs im
Charlottenburger Gründerzentrum unterkom-
men konnten. Die IBB war ein wichtiger An-
sprechpartner für die Finanzierungsseite und hat
sich auch mit Risikokapital an Medneo beteiligt.
Wie wollen Sie international expandieren?
Wir haben viele Delegationen aus demAusland –
zum Beispiel aus Afrika oder Asien – empfangen,
die großes Interesse an unserem radiologischen
Betreibermodell haben. Wir wollen im Franchi-
se-Modell unsere Leistungen auch dort anbieten.
Imkommenden Jahrwerdenwir erstmals ein sol-
ches Lizenzmodell umsetzen.