MEINUNG & MACHER
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BERLINER WIRTSCHAFT 03/18
danach war er als Stadtbaurat tätig. Un-
ter Wolfgang Tiefensee wurde er Staats-
sekretär im Bundesbauministerium, da-
nach folgte eine Phase in der Wirtschaft.
2014 wurde Lütke Daldrup Staatssekre-
tär in der Berliner Senatsverwaltung,
wo er u. a. für Wohnungsbau zuständig
war. Ab 2015 saß er zusätzlich als „Flug-
hafenkoordinator des Landes Berlin“ im
Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Bran-
denburg GmbH.
Online-Portal ist Drehkreuz von heute
In seinemVortrag ging der Flughafenchef
zuerst auf die Bilanz der Berliner Flug-
häfen ein, denn seiner Ansicht nach kä-
me die Leistung der Mitarbeiter in Tegel
und Schönefeld zu kurz: Allein in Schö-
nefeld sind im letzten Jahr 13 Millionen
Gäste abgefertigt worden, in Tegel – trotz
der Air-Berlin-Insolvenz – 21 Millionen.
„Was dort mit der alten Infrastruktur ge-
leistet wird, ist spitze“, sagte der Chef. Im
Übrigen hätte sich die Abfertigung stark
verändert. Das Buchungsportal sei das
Drehkreuz unseres digitalen Zeitalters.
Die Menschen erledigen viel mehr selbst,
sie suchen den Sitzplatz am eigenen PC
aus und checken so ihr Gepäck ein, viele
haben ohnehin nur Handgepäck. Das ver-
ändere auch den Servicebedarf der Pas-
sagiere am Terminal.
Der allerdings muss jetzt fertig wer-
den, da helfe kein Weglaufen. Man müs-
se Schritt für Schritt daran arbeiten. „Ok-
tober 2020 ist ein verlässlicher Termin!“,
so Lütke Daldrup. Eigentlich sei der BER
praktisch fertig. Pier Nord ist betreibbar.
Ein neuer Check-in-Bereich wird davor-
gesetzt, dann kann dort geflogenwerden.
Problem ist weiter das Hauptterminal, bei
dem Anfangsfehler viele Nachinvestitio-
nen verursacht haben. Die Investitionen
waren doppelt so hoch wie geplant.
Zum Thema Geld und Finanzierung
bemerkte Lütke Daldrup: „Am schlimms-
ten ist es, schon Zinsen zahlen zumüssen,
bevorwir fertig sind und Geld verdienen.
Der Finanzierungsbedarf ergibt sich aus
den Verzögerungskosten.“ Er rechne fest
damit, dass der BER Geld verdienenwird.
Berlin sei die „Nr. 1“ bei den „Direktein-
FOTO: AMIN AKHTAR
steigern“ in Deutschland. Zurzeit arbei-
ten rund 2.200 Mitarbeiter bei der Flug-
hafengesellschaft und rund 3.000 bei der
Security. Daraus errechne sich heute eine
Wertschöpfung von rund drei Mrd. Euro.
Für die Zukunft werde eine Wertschöp-
fung von acht bis neun Mrd. Euro ange-
strebt. „Es wurden in der Vergangenheit
Fehler gemacht. Umso mehr geht es jetzt
darum, mit Transparenz und ehrlicher
Arbeit das Vertrauenwieder zurückzuge-
winnen“, meinte der BER-Chef. Das Ter-
minal hätte bisher 2,8 Mrd. Euro gekostet,
es wird weitere zwei Jahre daran gebaut,
und es werden noch 300 bis 400 Mio. Eu-
ro benötigt. „Trotzdem ist Abschreiben
und Aufgeben keine Alternative!“
Zum Auftakt der Diskussionsrunde
überraschte IHK-Hauptgeschäftsführer
Jan Eder seinen Gesprächspartner wie
auch das Publikum damit, dass er eine
Parallele zwischen Lütke Daldrup und
Fußball-Weltmeister Fritz Walter zog –
beide wurden an einem 31. Oktober ge-
boren. Das gab die Frage vor: „Schaffen
Sie das Wunder des BER 2020?“, so Jan
Eder mit Blick auf das Wunder von Bern
1954. Und: „Wetten Sie darauf?“ Darauf
der BER-Chef: „Wir können eine Kiste
gutenWein riskieren, Herr Eder.“
Einschränkungen durch Klimaschutz?
Bei den Fragen aus dem Publikum ging
es u. a. um die Einnahmen des BER, die
mehr mit Shopping, Gastronomie und
Services als mit dem Fluggeschäft gene-
riert werden. „Wer Low-Cost-Passagie-
re als Kunden hat, der muss auch die In-
frastrukturen an den heutigen Luftver-
kehrsmarkt anpassen. Das Ticket kostet
oft weniger als das Taxi zum Flughafen“,
so Lütke Daldrup. Mit Blick auf den Um-
weltschutz wurde gefragt, ob der Billig-
flugverkehr eines Tages reduziert würde.
„Es ist möglich, dass dieWachstumsraten
langsamer werden, es gibt eine Grenze.
Wo die liegt, wissen wir nicht.“
Eines haben wohl alle am BER Betei-
ligten gelernt: „Wir müssen sorgfältiger
planen, in kleineren Strukturen bauen,
die einfacher beherrschbar sind“, so das
Fazit von Lütke Daldrup.
Berliner Wirtschaft:
Warum ist der
jetzt geplante BER-Eröffnungstermin
verlässlicher als alle bisherigen?
Engelbert Lütke Daldrup:
Der Inbe-
triebnahmetermin Oktober 2020 ist
das Ergebnis umfangreicher Risiko-
analysen, einer neu aufgesetzten va-
liden Terminplanung und zahlreicher
Gespräche mit allen Beteiligten. Die-
ses Datum berücksichtigt auch die
Zeiträume, die alle Partner und Be-
hörden brauchen. Außerdem enthält
es die notwendigen Sicherheitspuffer.
2011 sollte der BER der modernste Flug-
hafen Europas werden. Kann er das
2020 noch sein?
Es geht doch längst nicht mehr dar-
um, Superlative zu erfüllen. Es geht
darum, den BER fertig zu bauen und
zu eröffnen. Der BERwird ein zeitge-
mäßer Flughafen sein, der sich Stück
für Stück mit den steigenden Passa-
gierzahlen entwickeln und verändern
wird. Kathedralen der Luftfahrt wer-
den weder geplant noch gebraucht.
Mit Air Berlin gingen Langstreckenflüge
verloren. Gibt es bald Ersatz?
Einige Verbindungen wie die nach
New York sind ja bereits durch an-
dere Airlines wieder im Angebot.
Außerdem bekommen wir weite-
re Langstreckenziele dazu, etwa im
Sommer Singapur. Eine deutliche
Ausweitung der Langstreckenange-
bote wird es aber erst geben, wenn
der BER in Betrieb ist. Wenn sich der
Flugverkehr auf einen leistungsfä-
higen Flughafen konzentriert, sind
Langstrecken für Airlines attraktiv.
Engelbert Lütke Daldrup
Als Chef der Berliner Flughäfen
auch Bauherr am BER
Drei Fragen an …