Table of Contents Table of Contents
Previous Page  21 / 68 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 21 / 68 Next Page
Page Background

MEINUNG & MACHER

21

BERLINER WIRTSCHAFT 03/18

danach war er als Stadtbaurat tätig. Un-

ter Wolfgang Tiefensee wurde er Staats-

sekretär im Bundesbauministerium, da-

nach folgte eine Phase in der Wirtschaft.

2014 wurde Lütke Daldrup Staatssekre-

tär in der Berliner Senatsverwaltung,

wo er u. a. für Wohnungsbau zuständig

war. Ab 2015 saß er zusätzlich als „Flug-

hafenkoordinator des Landes Berlin“ im

Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Bran-

denburg GmbH.

Online-Portal ist Drehkreuz von heute

In seinemVortrag ging der Flughafenchef

zuerst auf die Bilanz der Berliner Flug-

häfen ein, denn seiner Ansicht nach kä-

me die Leistung der Mitarbeiter in Tegel

und Schönefeld zu kurz: Allein in Schö-

nefeld sind im letzten Jahr 13 Millionen

Gäste abgefertigt worden, in Tegel – trotz

der Air-Berlin-Insolvenz – 21 Millionen.

„Was dort mit der alten Infrastruktur ge-

leistet wird, ist spitze“, sagte der Chef. Im

Übrigen hätte sich die Abfertigung stark

verändert. Das Buchungsportal sei das

Drehkreuz unseres digitalen Zeitalters.

Die Menschen erledigen viel mehr selbst,

sie suchen den Sitzplatz am eigenen PC

aus und checken so ihr Gepäck ein, viele

haben ohnehin nur Handgepäck. Das ver-

ändere auch den Servicebedarf der Pas-

sagiere am Terminal.

Der allerdings muss jetzt fertig wer-

den, da helfe kein Weglaufen. Man müs-

se Schritt für Schritt daran arbeiten. „Ok-

tober 2020 ist ein verlässlicher Termin!“,

so Lütke Daldrup. Eigentlich sei der BER

praktisch fertig. Pier Nord ist betreibbar.

Ein neuer Check-in-Bereich wird davor-

gesetzt, dann kann dort geflogenwerden.

Problem ist weiter das Hauptterminal, bei

dem Anfangsfehler viele Nachinvestitio-

nen verursacht haben. Die Investitionen

waren doppelt so hoch wie geplant.

Zum Thema Geld und Finanzierung

bemerkte Lütke Daldrup: „Am schlimms-

ten ist es, schon Zinsen zahlen zumüssen,

bevorwir fertig sind und Geld verdienen.

Der Finanzierungsbedarf ergibt sich aus

den Verzögerungskosten.“ Er rechne fest

damit, dass der BER Geld verdienenwird.

Berlin sei die „Nr. 1“ bei den „Direktein-

FOTO: AMIN AKHTAR

steigern“ in Deutschland. Zurzeit arbei-

ten rund 2.200 Mitarbeiter bei der Flug-

hafengesellschaft und rund 3.000 bei der

Security. Daraus errechne sich heute eine

Wertschöpfung von rund drei Mrd. Euro.

Für die Zukunft werde eine Wertschöp-

fung von acht bis neun Mrd. Euro ange-

strebt. „Es wurden in der Vergangenheit

Fehler gemacht. Umso mehr geht es jetzt

darum, mit Transparenz und ehrlicher

Arbeit das Vertrauenwieder zurückzuge-

winnen“, meinte der BER-Chef. Das Ter-

minal hätte bisher 2,8 Mrd. Euro gekostet,

es wird weitere zwei Jahre daran gebaut,

und es werden noch 300 bis 400 Mio. Eu-

ro benötigt. „Trotzdem ist Abschreiben

und Aufgeben keine Alternative!“

Zum Auftakt der Diskussionsrunde

überraschte IHK-Hauptgeschäftsführer

Jan Eder seinen Gesprächspartner wie

auch das Publikum damit, dass er eine

Parallele zwischen Lütke Daldrup und

Fußball-Weltmeister Fritz Walter zog –

beide wurden an einem 31. Oktober ge-

boren. Das gab die Frage vor: „Schaffen

Sie das Wunder des BER 2020?“, so Jan

Eder mit Blick auf das Wunder von Bern

1954. Und: „Wetten Sie darauf?“ Darauf

der BER-Chef: „Wir können eine Kiste

gutenWein riskieren, Herr Eder.“

Einschränkungen durch Klimaschutz?

Bei den Fragen aus dem Publikum ging

es u. a. um die Einnahmen des BER, die

mehr mit Shopping, Gastronomie und

Services als mit dem Fluggeschäft gene-

riert werden. „Wer Low-Cost-Passagie-

re als Kunden hat, der muss auch die In-

frastrukturen an den heutigen Luftver-

kehrsmarkt anpassen. Das Ticket kostet

oft weniger als das Taxi zum Flughafen“,

so Lütke Daldrup. Mit Blick auf den Um-

weltschutz wurde gefragt, ob der Billig-

flugverkehr eines Tages reduziert würde.

„Es ist möglich, dass dieWachstumsraten

langsamer werden, es gibt eine Grenze.

Wo die liegt, wissen wir nicht.“

Eines haben wohl alle am BER Betei-

ligten gelernt: „Wir müssen sorgfältiger

planen, in kleineren Strukturen bauen,

die einfacher beherrschbar sind“, so das

Fazit von Lütke Daldrup.

Berliner Wirtschaft:

Warum ist der

jetzt geplante BER-Eröffnungstermin

verlässlicher als alle bisherigen?

Engelbert Lütke Daldrup:

Der Inbe-

triebnahmetermin Oktober 2020 ist

das Ergebnis umfangreicher Risiko-

analysen, einer neu aufgesetzten va-

liden Terminplanung und zahlreicher

Gespräche mit allen Beteiligten. Die-

ses Datum berücksichtigt auch die

Zeiträume, die alle Partner und Be-

hörden brauchen. Außerdem enthält

es die notwendigen Sicherheitspuffer.

2011 sollte der BER der modernste Flug-

hafen Europas werden. Kann er das

2020 noch sein?

Es geht doch längst nicht mehr dar-

um, Superlative zu erfüllen. Es geht

darum, den BER fertig zu bauen und

zu eröffnen. Der BERwird ein zeitge-

mäßer Flughafen sein, der sich Stück

für Stück mit den steigenden Passa-

gierzahlen entwickeln und verändern

wird. Kathedralen der Luftfahrt wer-

den weder geplant noch gebraucht.

Mit Air Berlin gingen Langstreckenflüge

verloren. Gibt es bald Ersatz?

Einige Verbindungen wie die nach

New York sind ja bereits durch an-

dere Airlines wieder im Angebot.

Außerdem bekommen wir weite-

re Langstreckenziele dazu, etwa im

Sommer Singapur. Eine deutliche

Ausweitung der Langstreckenange-

bote wird es aber erst geben, wenn

der BER in Betrieb ist. Wenn sich der

Flugverkehr auf einen leistungsfä-

higen Flughafen konzentriert, sind

Langstrecken für Airlines attraktiv.

Engelbert Lütke Daldrup

Als Chef der Berliner Flughäfen

auch Bauherr am BER

Drei Fragen an …