BERLINER WIRTSCHAFT 03/18
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TITELTHEMA
FOTO: KATJA SAXINGER/KOCH SANITÄTSHAUS GMBH
Fortsetzung von S. 15
Kein Problem auch, wenn jemand mal zwei Stun-
den früher geht, weil er sein Kind aus der Kita ab-
holen muss: „Das gleicht sich über die Zeit wieder
aus.“ Einmal im Monat gibt es für die Beschäftig-
ten bei Polyprint einen „Haushaltstag“, einen hal-
ben freien Tag für Erledigungen oder Arztbesuche.
In Planung sind zudem die Einrichtung eines klei-
nen Wellness-Bereichs und eines Eltern-Kind-Bü-
ros. „Kinder können jederzeit mit in den Betrieb ge-
bracht werden“, sagt Polyprint-Chef Meiners, „die
sind bei uns gern gesehen.“ Auch bei der Suche nach
Kita-Plätzen ist man behilflich. Und wenn mal ein
Familienauto angeschafft werden muss, kann es zu
Firmenkonditionen erworben werden.
In Stellenausschreibungen weist die Druckerei
stets auf ihre mehrfache Auszeichnung als famili-
enfreundlichster Betrieb in Treptow-Köpenick hin.
Meiners: „ Fachkräfte bewerben sich auch des-
halb bei uns – das Gehalt ist nur ein Teil ihrer
Motivation.“ Die Angebote zur besseren Verein-
barung von Arbeit und Familie führten zudem zu
besseren Betriebsergebnissen, so der Geschäfts-
führer. „Wir haben eine sehr geringe Fluktuati-
on, eine hohe Einsatzbereitschaft unserer Mitar-
beiter und deshalb eine sinkende Reklamations-
quote.“ Ein aktuelles Thema in der Firma ist die
Pflege von Angehörigen. „In diesem Fall wurde
von uns eine sofortige Unterstützung durch be-
zahlte Freistellung und Hilfe bei den sehr kom-
plizierten bürokratischen Abläufen ermöglicht.“
Herausforderung Demografie
Die Vereinbarung von Berufstätigkeit und Pfle-
geverantwortung wird durch die demografische
Entwicklung immer wichtiger. Schon 2011 gab es
in Deutschland 2,5 Millionen Pflegebedürftige mit
einer Pflegestufe. Nach einer Prognose des Sta-
tistischen Bundesamtes wird diese Zahl bis 2020
auf 2,9 Millionen steigen, bis 2030 sogar auf fast
3,4 Millionen. 70 Prozent der Pflegebedürftigen
werden aktuell häuslich versorgt, davon 67 Pro-
zent allein von Angehörigen und 33 Prozent mit
Unterstützung von Pflegediensten. Experten ge-
hen davon aus, dass zurzeit weitere drei Millionen
Pflegebedürftige ohne beantragte oder anerkann-
te Pflegestufe ebenfalls hauptsächlich von Famili-
enmitgliedern betreut werden.
„Vor drei Jahren hat eine unserer Mitarbeite-
rinnen ihren Vater gepflegt“, sagt Mareen Koch,
Geschäftsführerin der Koch Sanitätshaus GmbH
aus Neukölln. Das habe sie allerdings erst später
erfahren, weil ihr die Frau das nicht mitgeteilt ha-
be. „Sie ließ sich dann vier Monate krankschrei-
ben, bis ihr Vater starb und es auch noch eheli-
che Probleme gab – sie war fix und alle.“ Die Fir-
ma mit drei Sanitätshäusern, einem Fachgeschäft
für Orthopädieschuhtechnik und 32 Angestell-
ten war bereits zweimal Siegerin im „Unterneh-
men für Familie“-Landeswettbewerb und hät-
te auch im Fall der pflegenden Mitarbeiterin eine
bedarfsgerechte Lösung gefunden. Denn für Ma-
reen Koch, von Anfang an alleinerziehende Mut-
ter zweier Söhne, geht Familie immer vor.
Anfangs hatte sie nicht nur individuelle Zeit-
modelle und flexible Arbeitszeiten im Portfo-
lio, sondern auch externe Betreuungs- und Bera-
tungsleistungen sowie die finanzielle Förderung
von Gesundheitsangeboten, sogar für weitere Fa-
milienmitglieder. „Da kamen wir zeitweise doch
Koch
Sanitätshaus
GmbH
Mareen Koch,
Geschäftsführerin
Das Unternehmen aus
Neukölln hat insge-
samt 32 Beschäftig-
te, verteilt auf drei Sa-
nitätshäuser und ein
Fachgeschäft für Or-
thopädietechnik.
Bereits zweimal hat
die Koch Sanitäts-
haus GmbH den Lan-
deswettbewerb „Un-
ternehmen für Familie“
gewonnen.