Table of Contents Table of Contents
Previous Page  34 / 68 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 34 / 68 Next Page
Page Background

BERLINER WIRTSCHAFT 03/18

34

IHK AKTUELL & SERVICE

Um den Aus- und Einstieg bei der Übergabe eines Betriebs erfolgreich zu managen, müssen die

Beteiligten sich vor allem rechtzeitig mit dem Thema beschäftigen

»

Von Dr. Marc Evers

Unternehmensnachfolge

braucht klaren Fahrplan

D

ie Zahl lässt aufhorchen: In

den nächsten zehn Jahren

droht rund 800.000 Unter-

nehmen in Deutschland das

Aus – rund drei Vierteln der Betriebe mit

Inhabern imAlter 55 plus. Selbst profita-

bel aufgestellte Unternehmen finden oft

keinen geeigneten Übernehmer. Das zei-

gen Untersuchungen u. a. der Industrie-

und Handelskammern. Der DIHK-Re-

port Unternehmensnachfolge wirft ein

Schlaglicht auf diese existenzielle He-

rausforderung für den Mittelstand.

Im Jahr 2016 haben insgesamt 2.947

Alt-Inhaber ihre IHK aufgesucht, weil

sie keinen passenden Nachfolger fan-

den. Das ist ein neuer Höchststand. Ein

Grund dafür ist die demografische Ent-

wicklung, immer mehr Unternehmer er-

reichen das Ruhestandsalter. Gleichzei-

tig schrumpfen die klassischen „Grün-

der-Jahrgänge“ der 25- bis 45-Jährigen,

und die Neigung zum Unternehmertum

ist in Deutschland imVergleich zu ande-

ren Ländern noch immer gering.

Zehn Jahre vorher anfangen

Wie aus dem Report aber auch hervor-

geht, beginnen 42 Prozent der Unter-

nehmer zu spät mit der Organisation ih-

rer Nachfolge. Wer sein Unternehmen in

andere Hände geben möchte, sollte zehn

Jahre vor dem geplanten Termin anfan-

gen, sich mit dem Thema zu beschäf-

tigen. Für denjenigen, der mit 65 aus-

steigen möchte, empfiehlt es sich, schon

mit Mitte 50 quasi durchs Fernrohr auf

die Zukunft zu schauen. Ist mein Unter-

nehmen fit für die Digitalisierung? Trägt

mein Geschäftsmodell?Womuss ichmo-

dernisieren? Spätestens drei Jahre vorher

sollte man die Suche nach einem Über-

nehmer beginnen. Dabei haben gerade

externe Nachfolger zumeist einen nüch-

ternen Blick auf das Unternehmen, wäh-

rend viele Inhaber emotional auf ihr Le-

benswerk schauen. Doch Herzblut-Ren-

dite wird am Markt nicht honoriert.

Wichtig ist eine realistische Unterneh-

mensbewertung. Der Übernehmer muss

sich zudem bei der Belegschaft einen gu-

ten Stand verschaffen – und manchmal

das Schiff auf neuen Kurs bringen. Das

erfordert hohe unternehmerische Kom-

petenz.

Entscheidend für eine Nachfolgelö-

sung ist, dass ein Unternehmen profita-

bel aufgestellt ist. Mangelnde Profitabi-

lität ist einer der Gründe dafür, dass je-

der zweite potenzielle Nachfolger angibt,

kein passendes Unternehmen zu finden.

Bisweilen wurden wichtige Investitionen

etwa zur Digitalisierung aufgeschoben.

FOTO: GETTY IMAGES/WESTEND61

Zwischen Sachlich-

keit und Emotionali-

tät: Unternehmens-

nachfolge ist ein

komplexer Prozess