BERLINER WIRTSCHAFT 09/17
20
MEINUNG & MACHER
Z
usammen mit Anne Keilholz führt In-
go Malter eine der großen städtischen
Wohnungsbaugesellschaften Berlins.
In den Neubau sollen bis 2026 bis zu
2,3 Mrd. Euro investiert werden.
Berliner Wirtschaft:
Die Stadt und Land will bis
2026 den Wohnungsbestand von rund 44.000 auf
55.000 erhöhen. Schaffen Sie das?
Ingo Malter:
Ja. Vor drei Jahren hätten sie mich
noch skeptisch gesehen. Aber da wir jetzt bereits
für 6.000 Wohnungen Grundstücke zur Verfü-
gung haben, bin ich sehr zuversichtlich. 3.000
Wohnungen sind schon im Bau oder sogar be-
reits fertig. Wir haben in den vergangenen drei
Jahren auch mehr als 3.000 Bestandswohnungen
ankaufen können, die zum Wachstum dazuge-
rechnet werden. Wir haben also von den 11.000
Wohnungen, um die wir zulegen sollen, mehr als
8.000 schon sicher.
Wiewollen Sie die Lücke von 2.000 bis 3.000Wohnun-
gen schließen? Grundstücke sind knapp.
Ja, derzeit sind sie tatsächlich knapp. Aber wenn
die Flächen auf dem jetzigen Tegeler Flughafen
mit berücksichtigt werden können, dann lässt
sich die Flächenverfügbarkeit als öffentliches
Wohnungsunternehmen deutlich entspannter
betrachten. Und wir gehen fest davon aus, dass
diese Flächen zur Verfügung stehen werden.
Tegel wird für Sie als Wohnungsunternehmen, das
vorwiegend im Süden und Osten der Stadt Bestände
hält, aber nicht von Interesse sein, oder?
Das will ich so nicht sagen. Das Potenzial für den
Wohnungsbau auf demAreal liegt zwischen 5.000
und 10.000Wohnungen. Ich glaube nicht, dass ein
einzelnes öffentliches Wohnungsbauunterneh-
men das allein angehen wird. Aufgrund der Risi-
koverteilung und der Geschwindigkeit ist es sinn-
voller, wenn sich mehrere Akteure die Aufgabe
teilen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die
Stadt und Land dabei ist.
Ohne Tegel würden Sie Schwierigkeiten bekommen,
die Neubau-Ziele zu erreichen?
Nein, ich glaube nicht. Wir betrachten ja einen
Zeitraum von immerhin noch neun Jahren, und
da wird noch einiges passieren. Es werden bei-
spielsweise Flächen umgewidmet oder Eigen-
tumsfragen geklärt, sodass auch wieder Grund-
stücke zur Verfügung stehen werden. Etwas
spekulativ ist, ob wir im Umland tätig werden
können. Im Moment haben wir das nicht auf der
Agenda. Aber je nachdem, wie die beiden Län-
der Berlin und Brandenburg sich verständigen,
könnte das auch noch eine Möglichkeit werden.
Würden Sie dafür plädieren, dass städtische Berliner
Wohnungsunternehmen im Umland bauen?
Wenn die Trends des massiven Zuzugs und des
wirtschaftlichen Aufschwungs, die wir seit vier
Jahren verzeichnen, unvermindert anhalten, dann
würde ich mich dafür aussprechen, ja. Die Zeit
läuft ja. Die Menschen wollen nicht darauf war-
ten, dass wir in der Innenstadt weiter verdich-
ten, und sie haben die ehemalige Grenze schon
lange nicht mehr im Kopf. Für sie macht es kei-
nen Unterschied, ob sie in Buckow oder Groß-
ziethen wohnen. Das sind nur zwei Busstationen
mehr. Es stellt sich nur die Frage, wer die Woh-
nungen dort baut.
Wie sehen Sie generell den BerlinerWohnungsmarkt?
Die Situation ist angespannt. Ich spreche aber
nicht von einer Wohnungsnot. In bestimmten
»
Ingo Malter ist Geschäftsführer der städtischen
Wohnungsgesellschaft Stadt und Land. Preisgünstiges
Bauen und Liquiditätsmanagement sind für ihn aktuell
wichtige Themen
»
Von Michael Gneuss
„Neubau ist die
richtige Antwort“
FOTO: AMIN AKHTAR
Ingo Malter
Geschäftsführer
Stadt und Land
Wohnbauten-
Gesellschaft mbH
Ich spreche
nicht von einer
Wohnungsnot.
In bestimmten
Segmenten
sind
Wohnungen
knapp.
INTERVIEW DES MONATS