Berliner Wirtschaft Juni 2020
einig sei, könne man Verträge für neue Projekte zügig und unkompliziert aufsetzen. Prof. Joachim Villwock von der Beuth Hochschule, der das Pro- jekt auf der Wissenschaftsseite begleitet, hebt die gestiegene Bedeutung von Drittmittelprojekten für die Hochschulen hervor. „Wenn ein Indus- triepartner beimAntrag dabei ist, ist das ein siche- res Indiz dafür, dass es sich um eine Forschung handelt, die auch eine zeitnahe Anwendung in Industrie und Wirtschaft findet“, sagt der Pro- fessor für Mechanik. Wie wichtig die Wirtschaft für die Wissenschaft sei, zeige sich auch daran, dass an der Beuth Hochschule bereits 90 Prozent der Bachelor- und Masterarbeiten imMaschinen- bau von den Studierendenmit der Industrie abge- schlossen würden. Wirtschaft trifft Wissenschaft – last but not least auch an ganz ungewöhnlichen Orten, zum Beispiel im Nikolaiviertel, Berlins erstem und damit ältestem Wohngebiet. Hier kamen im Herbst vergangenen Jahres Wissenschaft- ler von sechs Berliner Hochschulen mit Vertre- tern der Interessengemeinschaft Nikolaiviertel (IGNV) zusammen, die sich für die Belange von 30 Gastronomen, 40 Einzelhändlern und Anwoh- nern einsetzt. Gemeinsam wollten beide Seiten eine Digitalisierungsstrategie für das histori- sche Viertel entwickeln. „Ziel ist es, mit digita- len Tools einerseits die Kommunikation zwischen Anwohnern, Gewerbetreibenden, Gastronomen und Kulturbetrieben zu verbessern, aber auch die Kommunikation nach außen mit den Besu- chern des Viertels“, sagt Anett Greiner-Bäuerle, Geschäftsführerin des Restaurants Georgbräu und Vorsitzende der IGNV. Avatare im Nikolaiviertel Was möglich ist, haben die Wissenschaftler der Hochschulen in einer Dokumentation festgehal- ten, sei es der Einsatz von Avataren, von Tech- nologien für Smart Cities oder die Erweiterung der Website um neue Funktionen. Noch stehen die Ergebnisse nur auf dem Papier. „Im Rah- men eines neuen Förderprojekts hoffen wir aber auch auf Mittel für das Marketing. Dann könn- ten wir die Ideen in die Praxis umsetzen“, hofft Greiner-Bäuerle. Dass am Ende des Projekts vor- zeigbare Resultate standen, ist auch der Offenheit der Beteiligten zu verdanken. Denn wenn Wirt- schaft auf Wissenschaft trifft, gibt es nicht selten Berührungsängste. Beide Seiten müssen erst mal lernen, die Sprache des anderen überhaupt zu ver- stehen. So fehlte den Händlern im Nikolaiviertel das Technologie-Know-how, den Wissenschaft- lern mangelte es am Verständnis für die wirt- schaftliche Machbarkeit. Auch das waren Lessons Learnt aus dem mehrmonatigen Projekt. Für Dr. Silke Lachnit, Kooperationsmanagerin bei BIT6 - Berlin Innovation Transfer, ist ein wei- teres Erfolgskriterium, dass beimWissens-, For- schungs- und Technologietransfer verschiedene Hochschulen ihre Kapazitäten bündeln und inter- disziplinär zusammenarbeiten. BIT6 unterstützt deshalb im Auftrag des Landes und sechs Ber- liner Hochschulen (Hochschule für Technik und Wirtschaft, Alice Salomon Hochschule, Hoch- schule für Wirtschaft und Recht, Beuth Hoch- schule, Katholische Hochschule und Evangeli- sche Hochschule) seit Mitte 2018 Kooperationen bei Projekten, um so Innovationen zu fördern. „Wir wollen als Brückenbauer zwischenWissen- schaft, Wirtschaft und Gesellschaft fungieren“, unterstreicht Lachnit. ■ Christian Oertel Hochschulkoordinator BSH Hausgeräte GmbH Das Technologie zentrum Wäschepflege des Berliner Unter nehmens mit seinen 900 Beschäftigten kooperiert gleich mit drei Hochschulen aus der Hauptstadt. Oertel betreut Projekte mit der Beuth Hochschule für Technik, der HTW sowie der TU Berlin. FOTO: WANDT-FOTOS/PETER C. WANDT SCHWERPUNKT | Technologietransfer
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