Berliner Wirtschaft Juni 2020

einen Forschungsauftrag an die HU vergeben zu können. Das Berliner Start-up hat ein lernendes System entwickelt, das mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) dynamische Dialoge zwischen Mensch und Maschine führen und auswerten kann. Kunden sind Arztpraxen, aber auch Kon- zerne wie die Deutsche Bahn und EON. Wenn etwa Patienten während der Stoßzeiten anrufen, wird der Anrufer an einen Sprachbot weitergelei- tet, der zum Beispiel Rezept- oder Terminanfra- gen bearbeiten kann. „Die HU hat für uns einen Prototyp entwickelt, mit dem Entwickler und Kunden das Lernen der KI effizient unterstüt- zen können“, sagt Wagenführer, der das Projekt als vollen Erfolg wertet. Gleichermaßen positiv ist aus seiner Sicht, dass von der Beantragung des Transfer BONUS bis zum Start der Forschung nur gut vier Wochen vergangen seien. Kooperationshemmnisse abbauen Der Transfer BONUS habe dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach Technologietransfer-Projek- ten bei kleinen und mittelgroßen Berliner Unter- nehmen steigt, sagt Volker Hofmann, Geschäfts- führer der Humboldt-Innovation GmbH, Tochter- gesellschaft der HU und Serviceeinheit für alle Anfragen von Unternehmen. Mit Workshops, Network-Veranstaltungen und Online-Tools, wie einer Expertise-Landkarte der industriena- hen Forschung, baut die größte Hochschule der Stadt die Kooperationshemmnisse zwischen der Wirtschaft und der Wissenschaft ab. Denn anders als die Aaron GmbH, die als Start-up an der HU gegründet wurde, PerformaNat oder eagleyard haben viele Unternehmen noch gar keinen Kon- takt zu den wissenschaftlichen Einrichtungen der Stadt. „Entsprechend müssen Wege der Ver- netzung und Kontaktaufnahme vereinfacht und beschleunigt werden“, so Hofmann. Möglichst niedrigschwellig sollen auch die Angebote der Technischen Universität Berlin (TU) sein. Anfang 2019 hat die drittgrößte Ber- liner Universität den neuen Coworking-Space „EINS“ eröffnet, wobei EINS für Entrepreneurship, Innovation, Networking und Sustainability steht. „EINS ist ein idealer Ort, um Vertreter aus Wirt- schaft, Wissenschaft, Politik, akademischen Start- ups und Zivilgesellschaft zusammenzubringen“, sagt Caro Noemi Stoeckermann, Innovationsma- nagerin amCentre for Entrepreneurship (CfE) der TU Berlin, das als zentraler Anlaufpunkt für alle gründungsinteressiertenMitglieder der Universi- tät und als Schnittstelle zwischenWirtschaft und Wissenschaft fungiert. Seit der Gründung im Jahr 2008 sind am CfE rund 150 Hightech-Start-ups auf den Weg gebracht worden. Die starke Berliner Gründerszene zieht auch Unternehmer aus Bayern an. Mit gleich 30 Füh- rungskräften reiste etwa der Technologiekon- zern Kurtz Ersa Ende 2019 in die Hauptstadt, um sich im Coworking-Space EINS mit ausgewähl- ten Start-ups der TU darüber auszutauschen, was zum Beispiel ein weltweit tätiges Unternehmen von den agilen Entwicklungsprozessen einer noch jungen Firma lernen kann. „Der ko-krea- tiveWorkshop amCfE war für Kurtz Ersa beson- ders inspirierend. Die Arbeit an den Geschäftsmo- dellinnovationen der akademischen Start-ups der TU Berlin hat uns gezeigt, welches Innovations- potenzial in Start-ups und in ihrer Arbeits- und Denkweise steckt“, sagt Verena Frankl, Personal- leiterin bei Kurtz Ersa. Dies habe neue Impulse für die Zukunft des Unternehmens gegeben.“ Zu den etablierten Formaten des CfE gehört u. a. die Unternehmenssprechstunde, bei der Unter- nehmen mit Start-ups vernetzt werden, über die Gründer dann im Idealfall Kooperationspartner oder Pilotkunden finden. Die BSH Hausgeräte GmbH, die in Berlin mit gut 900 Mitarbeitern ein Technologiezentrum für Wäschepflege betreibt, vertraut auf die wis- senschaftliche Expertise von gleich drei Berliner Hochschulen, um den Wäschepflegeprozess zu erforschen. „Der Kunde wünscht sich Trommeln mit einem immer größeren Fassungsvermögen. Die Herausforderung besteht darin, dass einer- seits die Waschlauge alle Textilien durchfeuchtet und andererseits nicht zu viel Wasser und Strom verbraucht werden“, sagt Dr. Christian Oertel, Hochschulkoordinator bei dem Hersteller von Haushaltsgeräten. Beide Seiten profitieren Inmit Drittmitteln geförderten Projekten ebenso wie in kooperativen Forschungsprojekten, bei denen beide Seiten, also Hochschule und BSH, vom Transfer gleichermaßen profitieren, arbei- ten Beuth Hochschule für Technik, HTWund TU Berlin mit dem Technologiekonzern zusammen. Während die Beuth Hochschule ihre Expertise in der Simulationstechnik einbringt, steuert die HTWKnow-how in der Textilwirtschaft bei und die TU stellt die Versuchsstände bereit. Als weite- ren Erfolgsfaktor bezeichnet Oertel den zwischen allenParteien ausgehandeltenRahmenvertrag, der Details regelt. Daman sich über die Eckpunkte FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Anett Greiner-Bäuerle Geschäftsführerin Restaurant Georgbräu Die Gastronomin ist auch Vorsitzende der Interessenge- meinschaft Nikolai- viertel (IGNV), die sich zum Ziel gesetzt hat, das touristische Quartier zu digitali- sieren. IHK-Service und Transferstellen Thesenpapier zum Wissens- und Technolo­ gietransfer unter: ihk-berlin.de/wtt Die Transferstellen der Berliner Hochschulen: Freie Universität Berlin fu-berlin.de/forschung unter „Wissenstransfer“ Humboldt-Universität humboldt-innovation.de TU Berlin tu-berlin.de/menue/ forschung/wissens_tech- nologietransfer Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW htw-berlin.de/unterneh- men unter „Forschungs- service und -transfer“ Leibniz-Gemeinschaft leibnizgemeinschaft.de/ transfer unter „Kooperati- onen mit Unternehmen“ Beuth Hochschule für Technik Berlin beuth-hochschule.de/ forschung BIT6 – Berlin Innovation Transfer bit6.de unter „Kooperations- und Forschungsservice“ » 21 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2020 SCHWERPUNKT | Technologietransfer

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