Berliner Wirtschaft Mai 2020

Rad Fuß ÖPNV Kfz 2008 2013 2018 33 30 26 24 27 27 32 31 30 11 13 18 Berliner Verkehrsdaten: Während der Senat über dem StEP MoVe brütet, ist die Realität schon weiter von Dr. Lutz Kaden Auch ohne Plan per Fahrrad J a, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! ...“, heißt es in Bertolt Brechts „Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Pla- nens“. Und so wird imBerliner Senat seit sei- ner Konstituierung 2016 an einemneuenVerkehrs- entwicklungsplan gearbeitet. Der soll die Basis sein für alle organisatorischen, regelnden und vor allem Infrastrukturmaßnahmen für den Verkehr in Berlin. Es geht darum, auch 2030 die Mobilität in der Stadt zu gewährleisten und zugleich die Sicherheit, den Umwelt- und Klimaschutz, also die sogenannte Verkehrswende zu schaffen. Dieses Kernthema von R2G sollte eigentlich schnell starten. Auch die IHK hatte sofort viel Input geliefert. Aber dann rührte sich so lange nichts, dass inzwischen sogar die Datengrundlage veraltet ist. Denn während dieser noch immer als StEP MoVe erwartete Plan auf Verkehrsdaten von 2013 basiert, wurden nun die Ergebnisse der gro- ßenMobilitätsbefragung von 2018 (SrV) veröffent- licht. Und die sehen inzwischen ganz anders aus. Die Antworten von über 40.000 Berlinerinnen und Berlinern zu ihrem Mobilitätsverhalten zei- gen: Auch ohne Plan und Maßnahmen vollzieht sich seit Jahren ein Wandel der Verkehrsmittel- wahl, und zwar in Richtung Umweltverbund. So sank zwischen 2008 und 2018 der Anteil der Auto- fahrten an den werktäglichenWegen der Berliner Einwohner von 33 auf 26 Prozent. Das sind nun sogar weniger Fahrten als Fußwege, wenngleich auch diese leicht zurückgingen, von 32 auf 30 Pro- zent. Verlagert wurden dieWege vor allem auf das Fahrrad, von 11 auf 18 Prozent, und auf den ÖPNV. In den letzten fünf Jahren stieg der Anteil der Berliner Haushalte ohne Pkw deutlich auf über 43 Prozent. Dabei blieb die Zahl der Wege, die eine Person im Durchschnitt pro Tag zurück- legt, mit 3,5 konstant. Dass es auf den Straßen trotzdem nicht leerer geworden ist, hat vor allem drei gute Gründe: über 200.000 Einwohner mehr, über 40.000 Einpendler mehr und fast 400.000 Beschäftigte mehr. All das gehört hinein in einen Plan, der bis 2030 funktionieren soll. Dazu kommt, dass die aktuelle Krise vieles verändert, ganz besonders auch das Verkehrsverhalten. Wie nachhaltig das sein wird, ist noch überhaupt nicht absehbar. Da stellt sich die Frage, welchenWert die bisherigen Überlegungen künftig noch haben können. Wird der aktuelle Entwurf mit seiner nun doppelt ver- alteten Grundlage beschlossen, steht zu befürch- ten, dass Brecht auchmit seiner Schlussfolgerung recht behält: „… und mach dann noch ’nen zwei- ten Plan. Gehn tun sie beide nicht.“ ■ FOTOS: GETTY IMAGES/WESTEND61, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Dr. Lutz Kaden, IHK-Verkehrsexperte Tel.: 030 / 315 10-415 lutz.kaden@berlin.ihk.de Die Zahl der Radfahrer ist in Berlin deutlich gestiegen, die der Autofahrer zurückgegangen – anteilig Grafik: BW Quelle: TU Dresden – SrV Berliner Verkehrszahlen 40.000 Menschen wurden befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass Berliner längst Rich- tung Umweltverbund unterwegs sind (Angaben in Prozent) 15 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2020 AGENDA | Verkehrszahlen

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