Berliner Wirtschaft 1/2021

Anne-Kathrin Kuhlemann Geschäftsführerin TopFarmers GmbH Die Betreiber­ gesellschaft der StadtFarm in Lichtenberg züchtet African Catfish und produziert Gemüse, Salate und Kräuter. Beide Zweige sind in einem innovativen, ressourcenschonen­ den Kreislauf mit- einander verbunden. Wie Urban Farming kommerziell auch auf kleins- ten Flächen erfolgreich sein kann, demonstriert das 2013 gegründete Unternehmen Infarm, das seine vertikalen Farmen in Glasschränken dort aufbaut, wo die Kräuter und Salate direkt beim Endkunden geerntet werden: vor allem in Ein- kaufsmärkten. „Bis heute sind wir in zehn Län- dern vertreten – Japan kommt gerade hinzu –, haben mehr als 30 Partnerschaften mit einigen der größten Einzelhändler der Welt geschlos- sen, darunter Aldi Süd, Edeka und Kaufland in Deutschland, und bisher mehr als 1.200 Farmen in Supermärkten und Distributionszentren instal- liert“, sagt Mitgründerin Osnat Michaeli. Monat- lich würden über 500.000 Pflanzen geerntet, vom Thai-Basilikum bis zur peruanischen Minze – Tendenz: steigend. InFarm gilt mit seinem mul- tinationalen 700-köpfigen Team als das welt- weit am schnellsten wachsende städtische Land- FOTO: ULRICH LORENZ wirtschaftsnetzwerk, in das internationale Investoren bereits Hunderte Mio. Dollar gesteckt haben. Angefangen hatte die spektakuläre Erfolgsgeschichte mit einem alten Airstre- am-Wohnwagen, den Osnat Michaeli mit den Brüdern Guy und Erez Galonska zu einer vertikalen Indoor-Farmumbaute und 2013 in den Prinzessinnengärten amMoritz- platz aufstellte. Dort kamen die drei Israe- lis auf die Idee, frische Lebensmittel zu den Menschen zu bringen, die sie konsumieren – „idealerweise direkt am Verkaufsort“. Bald standen die ersten gläsernen und digital überwachten und gesteuerten Brutschränke in Berliner Edeka- und Aldi-Märkten sowie in Restaurants. In Spandau betreibt InFarm heute sogar ein eigenes Forschungszentrum, wo die eingesetzte Technologie optimiert und die Pflanzenbiologie erforscht wird, umdie Farmen noch effizienter zumachen. „Wir bieten Farming-as-a-Service an“, sagt Osnat Michaeli, „dazu gehören die Ins- tallation, die Anpflanzung, Pflege und Ernte der Pflanzen sowie die Überwachung des Wachstumsprozesses.“ Die Einzelhändler, so Michaeli, „verkaufen nach der Ernte dann die frischesten und reinsten Produkte, die heute verfügbar sind“. Sie legen auch fest, wie viel die Salate und Kräuter in ihren Geschäften kosten. „Der Preis ist in der Regel nicht wesentlich höher als der von anderen vergleichbaren Produkten.“ Der Verbrau- cher kaufe die Pflanzenprodukte, wenn sie am frischesten sind, noch lebendig mit Wurzeln, nährstoffreich, geschmackvoll – und vor allem ohne Pestizide, wie sie in der industriellen Land- wirtschaft verwendet werden. „Selbst kleinere Bio-Produzenten müssen sich um Qualitätsver- luste sorgen, da die geernteten Pflanzen in den Supermärkten ankommen, nachdem sie buch- stäblich abgeschnitten wurden – sie sind beim Kauf nicht mehr lebendig.“ Und jede Farm in einem Verbrauchermarkt verbrauche 95 Prozent weniger Wasser und 75 Prozent weniger Dünger als die bodengebun- dene Landwirtschaft; außerdem würden Tau- sende Kilometer eingespart, die normalerweise für den Transport von Lebensmitteln notwendig seien. „Wir glauben“, sagt Osnat Michaeli, „dass unser Ansatz dem Ziel näher kommt, Produkte anzubieten, die nicht nur besser für dieMenschen, sondern auch besser für den Planeten sind.“  ■ 24 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 01 | 2021

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