Berliner Wirtschaft Juni 2024

Bild links: Oberlichtsaal der Reichsdruckerei im Jahr 1885, rechts: abschließende Kontrolle nach Banknotenproduktion um 1992 S eit 261 Jahren wird in Berlin im Staatsauftrag gedruckt – seit 173 Jahren sogar unverändert am selben Standort zwischen Kommandantenstraße, Alter Jakobstraße und Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg. Zeitweise lag das Areal mitten im ehemaligen Berliner Zeitungsviertel, zeitweise direkt an der Mauer. Zu den Produkten gehörten Banknoten, Briefmarken, Wertpapiere sowie Ausweise und Reisepässe – Druckerzeugnisse mit hohem Fälscherinteresse. Deshalb wundert es nicht, dass die Bundesdruckerei und ihre Vorgänger aus der sowieso schon als besonders intellektuell geltenden Berufsgruppe der Drucker und verwandter Berufe die Besten anstellten, um immer einen Schritt voraus zu sein. Fälschungssicherheit konnte erreicht werden durch hohe Qualität, technische Vorreiterschaft und die Entwicklung von neuen Sicherheitsmerkmalen wie etwa Wasserzeichen, Guillochen oder Spezialpapiere, später Hologramme, Kartensicherungen und andere IT-Technologien. Angefangen hat es mit König Friedrich II. und dem modernen preußischen Staat 1763, für den Dekrete und Formulare gedruckt werden mussten. Das tat die „Decker’sche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei“ mit königlichem Privileg, Mitte des 19. Jahrhunderts kam mit der „Königlich-Preußischen Staatsdruckerei“ ein staatseigener Konkurrent hinzu, der für den vermehrten Bedarf an Banknoten und Briefmarken zuständig war. Die beiden Druckereien wurden 1879 zur Reichs- druckerei vereinigt. Diese druckte nicht nur für Preußen, sondern auch für andere Staaten. In den letzten 261 Jahren überstand das Haus sieben unterschiedliche Staaten, zwei Weltkriege – wenn auch nicht ohne Zerstörungen politische Einflussnahme durch den Spartakusaufstand oder die Gleichschaltung im Nationalsozialismus wie auch die Teilung Deutschlands. Die Mauer verlief unmittelbar vor der Tür und zwang die Bundesdruckerei, wie sie ab 1951 hieß, die Produktionsstätten auf die der Mauer abgewandten Seite zu verlegen, um sie den Augen des Wachpersonals zu entziehen. Nach der Wiedervereinigung verband sie Ost und West, indem sie Ausweise, Pässe und Banknoten für alle Bürger herstellte. 1994 wurde die Bundesdruckerei in eine GmbH in Staatseigentum umgewandelt und war einige Jahre sogar privatisiert, ehe sie 2009 wieder vollständig ins Eigentum der Bundesrepublik zurückkehrte. Heute sind ihre Produkte nicht mehr vor allem Druckerzeugnisse, sondern IT-Lösungen, die die Identität im digitalen Zeitalter sichern. ■ Die Bundesdruckerei ist eine Institution: Ihre Ursprünge reichen bis 1763 zurück, sie durchlebte Kaiserreich und Weltkriege – und setzt heute auf IT-Technologien von Björn Berghausen (BBWA) und Linda Stieffenhofer (Neumann & Kamp) Dekrete, Pässe, Banknoten Zugang zum Wirtschaftsarchiv Die Bestände des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können nach Vereinbarung eingesehen werden. Kontakt und Infos: bb-wa.de FOTOS: ARCHIV DER BUNDESDRUCKEREI Historie | 43 Berliner Wirtschaft 06 | 2024

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