Berliner Wirtschaft Juni 2024

Deepset gilt unter den Berliner Start-ups, die sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen, als eines der vielversprechendsten. Im vergangenen Jahr haben sich Investoren, zu denen auch der Investment-Arm der Google-Mutter Alphabet gehört, mit 30 Mio. Dollar an dem Experten für Large Language Models beteiligt. Über die Dynamik, die die Technologie seit einigen Monaten entfacht, staunen die Gründer selbst. Berliner Wirtschaft: Sie haben sich während Ihres Studiums an der TU München kennen- gelernt. Warum haben Sie nicht dort gegründet, sondern in Berlin? Milos Rusic: Die Frage haben wir tatsächlich intensiv diskutiert. Malte hat Ende 2017, zum Zeitpunkt der Gründung von Deepset, schon in Berlin gelebt, ich in München. Entscheidend war für uns, dass der Markt für Talente hier in Berlin einfach überzeugender ist. Vor allem sind hier leichter internationale Talente zu bekommen. Berlin ist gerade für englischsprachige Leute attraktiver, weil die Stadt einfach internationaler ist. Malte Pietsch: Zudem gab es in Berlin schon eine kleine KI-Szene. Mit künstlicher Intelligenz hatten sich damals noch nicht so viele Start-ups beschäftigt. Als technologieorientiertes Unternehmen war es uns wichtig, dass wir an einem Standort sind, an dem wir uns mit Firmen austauschen können, die ähnliche Sachen machen wie wir. Welche Argumente haben noch für Berlin, welche für München gesprochen? Milos Rusic: Also, ein gewichtiges Argument für München ist die TUM, also die Technische Universität München. Das ist eine starke Organisation, in der Technologien sehr gut gefördert werden. Zudem ist München als Industriestandort sehr viel stärker als Berlin. Insofern gibt es dort auch mehr industrielle Forschung und industrielle Anwendungen. So ist Siemens sehr früh ein Kunde von uns geworden. Malte Pietsch: In Berlin gab es hingegen eine starke KI-Open-Source-Community. Die ist gut für uns, weil wir überzeugt davon sind, dass es in unserem Markt Technologiestandards geben wird und dabei niemand an Open Source vorbeikommt. Open Source weckt Vertrauen, schafft Unabhängigkeit und spricht die Masse der Entwickler an. Es war auch auf anderen Technologiefeldern schon zu sehen, dass sich am Ende Open Source durchsetzt. Ihre Standortdiskussion fand vor mehr als sechs Jahren statt. Hat sich seitdem etwas verändert? Malte Pietsch: Seitdem hat sich Paris enorm weiterentwickelt. Wir haben uns damals auch London angesehen, aber an Paris gar nicht gedacht. Ich glaube, Paris hat sich so stark entwickelt, weil die Regierung die Szene sehr gefördert hat und sehr viel investiert. Außerdem ist in der San Francisco Bay Area bei KI viel mehr passiert, als es erwartet worden war. Der Standort ist so relevant, dass wir Leute „Der Zinseszinseffekt der KI wird nicht verstanden“ Milos Rusic und Malte Pietsch haben das Start-up Deepset gegründet. Die Ex-Studenten der TU München haben sich bewusst für Berlin als Standort entschieden von Michael Gneuss » FOTO: AMIN AKHTAR FOKUS | Interview | 26

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