Berliner Wirtschaft September 2020

E s ist ein Rekord: Für mehr als zehn Milli- onen Menschen wurde Kurzarbeit bean- tragt. Etwa jeder dritte Betrieb in Deutsch- land habe schon nach Hilfe gefragt, heißt es von der Agentur für Arbeit. Unternehmen ver- ringern die Arbeitsstunden ihrer Angestellten und lassen einen Teil des Gehalts subventionie- ren. Alles nach strikten Regeln. Einige Start-ups fordern ihre Mitarbeiter jedoch dazu auf, mehr als die angegebene Zeit zu leisten. Solch ein Betrug kann gravierende Folgen nach sich ziehen. Wer kontrolliert, ob Kurzarbeitergeld rechtmäßig angewendet wird? ImRegelfall die Agentur für Arbeit. Derzeit prüft die Behörde bei der Antragstellung eher ober- flächlich. Dafür guckt sie aber später genau(er) hin: ob bewilligte Gelder zu Recht geflossen, die Angaben des Arbeitgebers schlüssig sind oder Gründe für eine Rückforderung bestehen. Bei jeder Rückforderung kontrolliert das Amt, ob dem Arbeitgeber ein Vorwurf gemacht werden kann. Steht ein Betrugsverdacht im Raum, lei- tet die Agentur für Arbeit ihre Ergebnisse an die Polizei oder Staatsanwaltschaft weiter. Wie kontrollieren die Behörden, ob es Verstöße gab – vor allem, wenn die Mitarbeiter im Homeoffice sind? Erscheint es aus Sicht der Ermittler möglich, dass zu Unrecht Kurzarbeitergeld eingefordert und damit eine Straftat begangen wurde, lei- ten sie ein Strafverfahren ein. Das heißt, dass sie Beschuldigte und Zeugen vernehmen sowie Durchsuchungen im Unternehmen oder bei den betroffenen Mitarbeitern durchführen können. Zeugen sind etwa die gemeldeten Angestell- ten in Kurzarbeit, aber auch Kollegen aus der Personalabteilung oder demselben Projekt. Im Einzelfall sogar Kunden, die mit der Person in Kontakt standen. Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft dafür, die Räumlichkeiten des Unternehmens zu durchsuchen, spielen typischerweise Dienst- pläne, Arbeitszeitnachweise, Notizen, aber auch arbeitsrelevante E-Mails und Chat-Verläufe eine Rolle. Gerade in technikaffinen Start-ups finden sich überall digitale Spuren – selbst imHomeof- fice. Wenn ein Mitarbeiter in „Kurzarbeit null“ ist – also seine Arbeitszeit null Stunden betragen sollte –, er jedoch jeden Tag an Videokonferen- zen teilnimmt, dann ist der Betrug offensichtlich. Auch wenn Kollegen ihre Arbeiten über einen Jedes dritte deutsche Unternehmen hat bereits Kurzarbeit angemeldet. Aber nicht alle halten sich an die Regeln. Es drohen empfindliche Strafen von Pascal Croset und Dr. Philipp Horrer Wenn Chefs bei Kurzarbeit schummeln Wird für einen Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet, darf er nicht mehr arbeiten als angegeben, auch nicht im Homeoffice SERVICE | Gründerszene 62 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2020

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