Berliner Wirtschaft September 2020

ProVeg Incubator Das 2018 in Berlin gegrün- dete Start-up ProVeg Incubator verbindet Lebensmittel-Start-ups mit Branchenexperten, Investoren und anderen Partnern aus dem inter- nationalen Netzwerk. provegincubator.com Tobias Rühmann, Branchenmanager Industrie Tel.: 030 / 315 10-621 tobias.ruehmann@ berlin.ihk.de Simone Blömer, Key Account Managerin Handel, Tourismus und Gastgewerbe Tel.: 030 / 315 10-432 simone.bloemer@ berlin.ihk.de lige Daimler-Manager gründete 2011 mit Veganz die erste vegane Supermarktkette Europas mit elf Filialen. „Der Hype darum war damals rie- sig“, erinnert sich Bredack. „Wir haben für viele vegane Marken in der ganzen Welt die goldene Brücke nach Europa gebaut.“ Dann wollten auch Edeka, DM und andere von ihm beliefert wer- den. Plötzlich war er Großhändler, sein Umsatz vervielfachte sich, zeitweise beschäftigte er über 400 Mitarbeiter. Damit grub sich Bredack aber selbst das Was- ser ab. „Als es die Sojamilch auch bei Edeka um die Ecke gab, sind die Kunden nicht mehr zu uns gekommen.“ Zudem importierten immer mehr Handelspartner ihre veganeWare selbst. Die Ret- tung war eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung. Bredack musste Personal entlassen, die meis- ten Veganz-Märkte, bis auf drei Filialen in Ber- lin, schließen und auf ein neues Geschäftsmo- dell setzen. Heute kreiert ein Team um Jan Bredack selbst Lebensmittel: von veganen Snacks über Fleischersatz bis hin zur Pizza. „Wir haben bis- her knapp 400 solche Produkte entwickelt und produziert, aktuell haben wir rund 140 aktive Produkte im Sortiment.“ Der weltweit einzige vegane Vollsortimenter beliefert Supermarkt- ketten und Drogerien im In- und Ausland, wes- halb Veganz-Kreationen nun in 16.000 statio- nären Verkaufsstellen in 27 Ländern erhältlich sind. Veganz hat 105 Beschäftigte und macht rund 35 Millionen Euro Umsatz. „Absolute Bestseller sind unsere veganen Nachbauten von Bounty und Prinzenrolle“, so Bredack. Auch für Friseursalons mit Kunstleder-Stüh- len und Kämmen und Bürsten ohne Horn und Schweineborsten gibt es Kundschaft, für Tat- too-Studios, in denen mit Tinten ohne tieri- sche Stoffe gestichelt wird, oder für Klamotten- läden, wo man weder Daunenfüllungen noch Perlmutt- oder Hornknöpfe findet. Gleich drei Läden betreibt die Loveco GmbH – zwei Mode- boutiquen in Friedrichshain und Schöneberg und ein Schuhgeschäft in Kreuzberg. „Über unsere stationären Loveco-Stores machen wir zwei Drittel unseres Umsatzes“, sagt Gründerin und Geschäftsführerin Christina Wille, „das restliche Drittel über unseren Online-Shop.“ Ihre vegane und fair produzierte und gehandelteWare bezieht die Unternehmerin von Labels, die allesamt ihren Sitz in Europa haben und mit denen sie persön- lichen Kontakt unterhält. „Der vegane Aspekt ist nicht für alle unsere Kunden der wichtigste Fak- tor“, weiß Loveco-ChefinWille, „vielen sind Fair- ness und Ökologie wichtiger.“ Fair und nachhaltig werden auch jene vega- nen Produkte hergestellt, mit denen das Berliner Start-up Einhorn bekannt geworden ist: Kon- dome. „Viele andere Hersteller verwenden Casein, um ihre Kondome geschmeidig zu machen“, sagt Einhorn-Geschäftsführer Waldemar Zeiler. „Wir ersetzen Casein – den Proteinanteil von Kuhmilch, der normalerweise zu Käse weiter- verarbeitet wird – durch eine vegane Alternative.“ Zudem verwende Einhorn nur pflanzenbasierte Gleitmittel und komme natürlich ohne Tierver- suche aus. Produziert werden die Latex-Präser- vative in Malaysia von Richter Rubber Techno- logy, einemUnternehmen, das Klaus Richter führt. Dessen Großvater hatte schon 1928 in Erfurt mit der industriellen Herstellung von Kon- domen begonnen. Im vergangenen Jahr hat Ein- horn insgesamt 4,4 Mio. Kondome verkauft und einen Umsatz von 5,8 Mio. Euro erzielt, einschließlich der Periodenprodukte wie Menstruati- onstassen, Bio-Binden oder -Tam- pons. Kult ist inzwischen die Ver- packung der Kondome: von Desig- nern gestaltete bunte Chipstütenmit dem Einhorn-Logo. „Wer Kondome kauft“, schmunzelt Zeiler, „verdeckt die Packung oft aus Verlegenheit mit einer Tüte Chips.“ Die könne man sich nun sparen. ■ FOTO: NORA DAL CERO Christina Wille verkauft in ihren Loveco-Stores vegane Kleidung und Schuhe BRANCHEN | Veganes Berlin

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