Berliner Wirtschaft September 2020

E ine der feinsten Adressen im veganen Berlin ist die Linienstraße 94 am Kop- penplatz in Mitte. Hier eröffnete der Gas- tronom und frühere Theaterschauspieler und Techno-Veranstalter Ilhami Terzi 2011 mit einemPartner, demVegan-Koch Björn Moschin- ski, das Restaurant Kopps. Allerdings hatten die beiden Gründer unterschiedliche Auffassungen: „Björn steht vor allem für die vegane Fleischer- satzküche, Seitan-Gulasch oder Soja-Rouladen zum Beispiel“, sagt Terzi. „Ich dagegen bevor- zuge eine gehobene Gemüseküche, die Fleisch nicht imitiert.“ ErwolleseinenGästenvölligneueGeschmacks- erlebnisse verschaffen, ihnen den Gaumen kit- zeln – „zum Beispiel mit einer deftigen Jus, bei der eingemachte Tannenzapfen einen baumigen, harzigen Geschmack erzeugen“. Die Menüs, die seine beiden Küchenchefs aus über 50 verschie- denen regionalen Gemüsesorten kreieren, kämen nicht nur bei Veganern bestens an, sondern auch bei Fleischessern. „Wir arbeiten mit regionalen und saisonalen Produkten, und 90 Prozent unse- rer Bio- und biodynamischenWeine kommen aus Deutschland.“ Terzi, der auch gern mal Fleisch isst, „aller- dings sehr wenig“, wünscht sich, dass der Besuch eines veganen Restaurants genauso selbstver- ständlich wird wie die Mahlzeit beimVietname- sen oder Inder. Aber natürlich freut es ihn, dass der Veganismus immer mehr Zulauf bekommt und Berlin als Europas vegane Hauptstadt gilt. Hier ist auch der Sitz des Vereins ProVeg (frü- her: Vegetarierbund Deutschland), der Berlin die höchste Veganer-Dichte und die höchste Zahl von veganen Res- taurants in Europa bescheinigt. In Deutschland ernähren sich schät- zungsweise über eine Million Men- schen rein pflanzlich, sie essen also kein Fleisch, keine Eier, keine Milch, keine Butter, keinen Käse, keinen Honig, keine Gelatine. Veganer, die sich einem tierleidfreien Leben ver- schrieben haben, verzichten nicht nur in ihrer Ernährung auf tierische Produkte – sie verschmähen auch Leder, Daunen, Pelze oder Wolle und meiden Kosmetika, die tieri- sche Bestandteile enthalten. Weit über 100 vegane gastronomische Betriebe listet das Internetportal berlin-vegan.de auf – Res- taurants wie das Li.ke Thai Vegan, Imbisse wie Lia’s Kitchen, Cafés wie das Geh Veg oder Eisläden wie das Tribeca Ice Cream, wo alle Eissorten auf Reismilch, Kokosöl und Kakaobutter basieren. Im vergangenen Jahr ist an der Technischen Universi- tät sogar die rein veganeMensa Veggie 2.0 eröffnet worden. Vegane Lebensmittel wie Fleisch-, Milch- oder Käse-Alternativen bekommt man in Berlin nicht nur in spezialisierten Lädenwie Veganz oder Dr. Pogo, sondern längst auch in Supermärkten wie Edeka oder Rewe. Der Lebensmitteleinzel- handel – inklusive Drogeriemärkte – macht mit Veggie-Produkten inzwischen deutschlandweit einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro. Dafür bedanken kann er sich auch beimBer- liner Vegan-Pionier Jan Bredack. Der ehema- FOTOS: MATTEO CARASSALE, STEFAN HOEDERATH, CHRISTIAN KIELMANN (2) Pionier in Sachen pflanzenbasiert: Jan Bredack gründete Veganz, die erste vegane Supermarktkette Europas Ilhami Terzi, Gastronom und früherer Theater­ schauspieler, eröffnete in Mitte 2011 das vegane Restaurant Kopps »

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