Berliner Wirtschaft September 2020
Die Beispiele verdeutlichen, dass auch jetzt die Frage hochaktuell bleibt, wie Unternehmen pass- genau junge Menschen für eine duale Ausbildung gewinnen können, umdie eigene Zukunftsfähig- keit zu gewährleisten. Wesentlich für den Erfolg ist die Entwicklung einer auf das eigene Unterneh- men zugeschnittenen Strategie beimAzubi-Mar- keting. Auch für kleine und mittlere Unterneh- men kommt es darauf an, die eigene Zielgruppe genau zu kennen und junge Menschen mit der richtigen Ansprache zu erreichen. Dabei zeigen die vergangenen Monate einen Trend: In Zeiten von Fachkräftemangel und Kontaktbeschränkun- genwächst die Bedeutung digitaler Kanäle bei der Akquise neuer Auszubildender. Zu den Klassikern zählt in diesemZusammenhang die IHK-Lehrstel- lenbörse. Sie bringt Jugendliche, auch per App, auf der Suche nach einer Ausbildung und Unterneh- men zusammen. Ausbildungsbetriebe können bei diesemAngebot übrigens nun auch selbst Bewer- berprofile sichten und diese kontaktieren. Auch das Angebot „dein erster Tag“ eröff- net Ausbildungsbetrieben bei der Gewin- nung von Auszubildenden neue Optionen. Das Format bietet Schülern dieMöglichkeit, Arbeitsplätze und Arbeitgeber hautnah zu erleben. „Mit der VR-Brille tauchen sie in die Arbeitswelt ein und erleben etwa eine Baustelle von Frisch & Faust, die Ausbil- dung der Berliner Polizei oder die Waren- lieferung bei der Drogeriekette dmamTau- entzien“, sagt Robert Greve. Er ist CEO und Gründer des in Berlin entwickelten Projek- tes. „So ermöglicht ‚dein erster Tag‘ Jugend- lichen einen authentischen Einblick in ihren zukünftigen Berufsalltag.“ Die Form der virtuellen Rundgänge gibt den Schü- lern die Chance, viele verschiedene Ein- drücke zu gewinnen und so eine qualifi- zierte Entscheidung zu treffen. „Damit ver- ringern Ausbildungsbetriebe letztendlich die Abbruchquote – und verhindern Frust auf beiden Seiten“, betont Greve. Ein gutes Beispiel, wie digitale Inst- rumente das Azubi-Marketing stärken, zeigt auch das Berliner Familienunterneh- men LAT. „Wir sind beim Recruiting sehr aktiv, sprechen unsere Zielgruppe dabei auf Augenhöhe an, und zwar auf deren Kanä- len“, erklärt Larissa Zeichhardt. Hierbei profitiert der Betrieb von Partnerschaften mit Berliner Start-ups. „Unter anderem nehmenwir über die App JobUfo Videobe- werbungen entgegen und verzichten auf das tra- ditionelle Anschreiben“, fügt die Geschäftsfüh- rerin des Elektromontageunternehmens hinzu. „Zudemnutzen wir schon seit einiger Zeit Micro- soft Teams für Online-Interviews, um zu erfah- ren, ob die Bewerber digital affin sind.“ Insgesamt läuft nicht nur der Bewerbungsprozess bei dem Ausbildungsbetrieb digital. Ansprache auf allen Kanälen LAT versucht, auch die betriebliche Ausbildung in diese Richtung zu modernisieren. Dafür star- tet das Unternehmen etwa gemeinsammit „sim- pleclub“ Lernvideos für die Online-Nachhilfe bei der Ausbildung. Zu den Inhalten der Lern-App zählen Grundlagen in Mathematik, Physik und Chemie, aber auch Videos für die Berufe Mecha- troniker, Elektriker und zu berufsübergreifen- den Themen stehen nun für Azubis bereit. „Mit der Lern-App erhöhen wir die Qualität der Aus- bildung“, betont Larissa Zeichhardt, „gleichzei- Robert Greve Geschäftsführer Studio2B Ausbildungsbetriebe und potenzielle Bewerber über moderne Technologie zusammenbringen: Dieses Ziel verfolgt das Start-up mit seiner Initiative „dein erster Tag“. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 22 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2020
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