Berliner Wirtschaft Mai 2020

Berlin will langfristig klimaneutral werden. Unternehmen, die auf die Energiewende setzen, können Kosten sparen und bei Kunden punkten von Rudolf Kahlen Besseres Klima in der Stadt D as persönliche Verhalten wird nach der Pandemie ein anderes sein. „Wenn Corona überstanden ist“, sagt Reinhard Müller, Vorstandsvorsitzender der Ber- liner Euref AG, „werde ich bestimmt auf zwei Drit- tel meiner geschäftlichen Flugreisen verzichten.“ Denn vieles lasse sich sehr gut mit Videokonfe- renzen erledigen. Wenn viele so handeln, könnte die Umweltbelastung nennenswert sinken. Mit Blick aufs eigene Unternehmen hat der Architekt das schon geschafft: Sein vor zwölf Jahren gekauf- tes Areal umdas Schöneberger Gasometer beher- bergt mittlerweile mehr als 150 Firmen wie auch Forschungseinrichtungenmit bald 5.000 Beschäf- tigten. Und es steht für eine erstaunliche Ener- giewende: Die Bürogebäude und Labore werden so umweltfreundlich temperiert und mit Strom versorgt, dass der Euref-Campus schon seit 2014 die CO 2 -Klimaziele der Bundesregierung für 2050 erfüllt. Aus Müllers Sicht könnte sein ressourcen- schonendes Quartier eine Blaupause für die Ber- liner Politik und Wirtschaft sein: „Wenn wir das ohne Subventionen geschafft haben und damit heute sogar Geld verdienen, müsste das anderen Unternehmen ebenso möglich sein.“ Das Ziel ist klar: Die Hauptstadt will bis 2050 klimaneutral sein. Michael Geißler, Geschäfts- führer der Berliner Energieagentur (BEA), macht dazu eine Rechnung auf: „Insgesamt 18 Prozent der verursachten CO 2 -Emissionen gehen laut Ber- liner Energie- und Klimaschutzprogrammauf das Konto der hiesigenWirtschaft.“ Das sind rund vier Mio. Tonnen pro Jahr. Der Anteil müsste auf eine Mio. Tonnen gesenkt werden. „Diese Reduktion um 75 Prozent bis 2050 ist ambitioniert“, sagt Geißler, Präsidiumsmitglied der IHK Berlin. Ihm zufolge sei dafür ein großflächiger Ausbau von Photovoltaik nötig. Daneben müsse der größte Teil des gesenkten CO 2 -Ausstoßes aus der Wär- meerzeugung kommen. Also müssten Betriebe die anfallende Abwärme besser nutzen, was auch die Technik von Blockheizkraftwerken begüns- tige. Damit lassen sich prozessbedingt bis zu 40 Prozent der Energiekosten einsparen. Der Vor- teil: Wenn Unternehmen die Energiewende aktiv mitgestalten, dafür Fördermittel nutzen und mit innovativen Lösungen glänzen, senkt das auch die Betriebskosten. Gleichzeitig stärkt es den Ruf als nachhaltige Firma bei der Kundschaft. Für Eigentümer von Gewerbe-, Dienstleis- tungs- und Wohngebäuden stellt sich zu Beginn solch eines Prozesses aus der Erfahrung des BEA- Chefs vor allem die Frage, ob etwa die Hei- » Millionen Tonnen CO2 werden jährlich durch die Berliner Wirtschaft verursacht. Bis 2050 soll die Menge um 75 Prozent reduziert werden. Im Dienste der Energiewende: Michael Geißler, Geschäftsführer der Berliner Energieagentur 4 FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 44 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2020 VERLAGSSONDERVERÖFFENTLICHUNG | Energiewende

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1