Berliner Wirtschaft Mai 2020

Franz Ahrens setzte in den 1920er-Jahren Akzente im Berliner Stadtbild. Ein mar- kantes Beispiel: das Kaufhaus Jandorf am Kottbusser Damm Kontakt zumWirtschaftsarchiv Für Publikum ist das Berlin-Brandenburgische Wirtschafts- archiv zurzeit wegen der Corona-Pandemie geschlossen (Stand: Redaktionsschluss 22. April). Infos: bb-wa.de Architekt Franz Ahrens bevorzugte die zeitgemäße Stahlskelettbauweise. Er verbarg sie hinter prächtigen Fassaden von Prof. Dr. Klaus Dettmer (BBWA) Baumeister der Moderne D as Klappern von Hufeisen auf Pflaste- rung, der Duft frischer Pferdeäpfel und das Schnauben aus Pferdenüstern gehör- ten noch bis zur Mitte der 1920er-Jahre zum alltäglichen Verkehrsgeschehen. Die All- gemeine Berliner Omnibus AG (ABOAG) betrieb seit 1868 Pferdebuslinien. Obwohl Stadtbahn, die „Elektrische“ und ab dem Jahr 1905 Motorbusse zum Einsatz kamen, überwog noch 1914 die Zahl der Pferdebuslinien (22 zu 13). Auf ihrem Höhe- punkt betrieb die ABOAG 257 Busse mit insge- samt 1089 Pferden. Ihr Hausarchitekt war der Danziger Franz Ahrens (1858–1937), der die Stallungen des Pferde- busbetriebshofs in der Schwedenstraße 14–15 entwarf. Darin waren die Pferde über drei mit Rampen erreichbaren Etagen untergebracht. Für die Versorgung der Pferde mit Stroh und Streu errichtete Ahrens 1910 den achtstöckigen Vikto- riaspeicher in der Köpenicker Str. 22 in Stahl- skelettbauweise mit Eisenbeton. Ahrens, der am Postmuseum seine ersten architektonischen Akzente setzen durfte, setzte diese Bauweise viel- fältig ein – auch schon 1906 mit seinem Renom- mierstück amKottbusser Damm 1, demKaufhaus von Adolf Jandorf, dem auch das KaDeWe gehörte. Auf dem Eckgrundstück zwischen der Fried- richstraße 110–112 und der Oranienburger Str. 54–56a baute Ahrens im Auftrag von Otto Markiewicz 1907 die Friedrichstraße-Passage, die zweitgrößte Berlins nach der Kaiser-Passage. Als Gegengewicht zu den Warenhäusern boten die Passagen Einzelhandelsgeschäften attraktive Verkaufsflächen. Auch bei diesem Bau verbarg sich hinter der opulent ausgestatteten Fassade ein Stahlskelettbau modernster Art. Die Passage diente seit 1928 als „Haus der Technik“ der AEG als Ausstellungsfläche für ihre Produkte. Nach Kriegsende 1945 verfiel das Gebäude und erlebte als „Tacheles“ eine Blüte als Kulturzentrum der Gegenkultur. Als Vielkönner schuf Ahrens 1926 den Bus- bahnhof in der Helmholtzstraße 41 mit der größ- ten freitragenden Halle Berlins: hundert Meter lang und siebzig Meter breit, heute als „Arena Berlin“ bekannt.  ■ FOTOS: BBWA BRANCHEN | Historie 42 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2020

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