Berliner Wirtschaft Mai 2020

Die kreative Szene erfindet sich derzeit neu. Aber um zu überleben, braucht sie finanzielle Zuwendungen von Katrin Dröse Show must go on N ot macht erfinderisch. Und das bewei- sen im Moment wirklich viele Unter- nehmerinnen und Unternehmer aus der Kreativwirtschaft. Doch selbst der größte Ideenreichtum wird in der aktuellen Situation die Kulturbetriebe nicht vor herben finanziellen Einbußen oder sogar der drohenden Insolvenz retten können. Bundesweit gehörten die Betriebe der Kultur- wirtschaft zu den ersten Unternehmen, die auf- grund der Covid-19-Pandemie ihre Vorhänge fal- len lassen, ihre Türen schließen mussten. Und gerade aufgrund der erhöhten Ansteckungsrisi- ken durch Veranstaltungenmit zahlreichen Besu- chern wird es wohl auch die letzte Branche sein, die ihren uneingeschränkten Betrieb wieder auf- nehmen darf. Eine vollständige Schließung jedoch bedeu- tet im Regelfall den vollständigen Verlust an Einnahmen. Und das auf nicht absehbare Zeit. Hinzu kommt, dass gerade in der Kulturbran- che, allen voran der Club- und Konzertszene, die durchschnittliche Umsatzrendite ohnehin nur bei einemmageren Prozent liegt. Rücklagen, die einem über längere Liquiditätsengpässe hin- weghelfen, kann man davon kaum bilden. Erst recht keine Kreditraten zahlen. Also ab zur Haus- bank und über eine Stundung sprechen? „Im Gegensatz zu Soloselbstständigen haben Musikspielstätten in der Regel sehr hohe Kosten für Miete, Betriebskosten und Versicherungen zu leisten“, betont Pamela Schobeß, erste Vor- standsvorsitzende der Clubcommission Berlin. Eine gegebenfalls stattfindende Stundung die- ser Aufwendungen auf einen späteren Zeitpunkt führe nur zu einer Verschiebung dieses Problems, so Schobeß. „Die Kosten können durch die ent- gangenen Einnahmen während der Schließung nicht nachträglich wieder eingespielt werden.“ Allein die Verluste, die bis zum Ende des ers- ten Maßnahmenzeitraums am 19. April entstan- den sind, sind kaum aufzufangen, unabhängig von der Größe des Kulturbetriebes. Erschwerend kommt hinzu, dass die Corona-Krise die Bran- che in einer ihrer umsatzstärksten Phasen trifft. Denn normalerweise wird zwischen März und Mai für das allseits bekannte Sommerloch vor- gesorgt. Das wird es in diesem Jahr nicht geben. Stattdessen erfindet die Branche sich not- gedrungen neu. Beispielsweise sorgen kreative Ideen wie Online-Theatervorführungen oder Plattformen à la kino-on-demand.com , berlina- live.de oder unitedwestream.berlin dafür, über- haupt ein paar Einnahmen, etwa durch Spenden, zu erzielen. Dadurch führt die wirtschaftliche Not in dieser Krise aber auch zu einer neuen Formder Solidarität und des Gemeinsinns in der Branche. Doch das allein wird nicht genügen, um die Berliner Kreativbranche in all ihren Facetten am Leben zu erhalten. Von Bund und dem Ber- liner Senat müssen Zuwendungen statt Darle- hen, gerade für die bisher von rückzahlungsfreien Sonderhilfen vernachlässigtenmittelständischen Kulturbetriebe, fließen. ■ FOTOS: IMAGO IMAGES/EMMANUELE CONTINI, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Katrin Dröse, IHK-Branchenmanagerin Kreativwirtschaft Tel.: 030 / 315 10-210 katrin.droese@berlin.ihk.de Hohe Betriebs­ kosten treffen auf geringe bis gar keine Einnahmen: Kinos, Theater und Clubs hat der Shutdown besonders hart getroffen 37 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2020 BRANCHEN | Kreativwirtschaft

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