Berliner Wirtschaft Mai 2020

GmbH. Die meisten der 50 Festangestelltenmuss- ten in 100-Prozent-Kurzarbeit geschickt und noch viel mehr Aushilfskräfte entlassen werden. In der Berliner Zentrale des Unternehmens, das in sechs europäischen Ländern insgesamt 35 Hostels mit rund 24.000 Betten betreibt, arbeiten 150 Beschäf- tigte, von denen auch schon ein Teil in Kurzarbeit und ein anderer in Homeoffices tätig ist. ImApril hätten die A&O-Hostels normalerweise eine Aus- lastung von 80 Prozent. Nun wurden KfW-Über- brückungskredite über die Hausbank beantragt und mit den Eigentümern der Berliner Häuser Mietstundungen bis zu 50 Prozent vereinbart. Auf Klassenfahrten und Jugendgruppenreisen hat sich der Berliner Reiseveranstalter Welcome Berlin Tours spezialisiert. „Wir habenmindestens bis Juli einen hundertprozentigen Ausfall dieser Veranstaltungen“, sagt Geschäftsführer Uwe Flü- gel. Das mache vom gesamten Jahresumsatz über 60 Prozent aus. Grundsätzlich geht Flügel davon aus, das 1992 gegründete Unternehmen mit allen 30 Mitarbeitern erhalten zu können. Die Stornie- rungskosten sollenmöglichst minimiert werden. „Und natürlich müssen wir auch selbst Stornie- rungskosten in Rechnung stellen, um unsere Existenz halbwegs sicherzustellen,“ so Flügel. Auf finanzielle Hilfen von Bund und Land kann der Unternehmer nicht verzichten, zumal Berlin es seinen Lehrern untersagt habe, neue Verträge für Klassenfahrten abzuschließen, auch für Rei- sen im kommenden Jahr. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller persönlich war Adressat eines Hilferufs des Ree- derverbands der Berliner Personenschiffahrt, der 34 Berliner und Brandenburger Reedereien ver- tritt. Für die Unternehmen, die jährlich über drei Millionen Fahrgäste auf weit über 100 Schiffen durch Berlin schippern, fällt nun die Hauptsaison von April bis Oktober buchstäblich ins Wasser. Saisonbetriebe wie Reedereien können nur über- leben, wenn sie in dieser Zeit ausreichend Rückla- gen bilden. „Wir erwarten deshalb alle möglichen Hilfen, die uns der Bund, das Land Berlin und die Bezirke geben können“, sagt Andreas Behrens, Geschäftsführer der Stern und Kreisschiffahrt, die rund eine Million Fahrgäste pro Jahr auf über 30 Schiffen befördert und bewirtet. Falls der Betrieb im Juli wieder losginge, wür- den sich die Fahrgastzahlen im besten Fall auf einemNiveau von 25 bis 50 Prozent bewegen. „Das ist existenzgefährdend“, so Behrens. „Die Folgen der Krise werden uns bis weit ins nächste Jahr beschäftigen.“ ■ Berliner Wirtschaft: Wie kann der Einbruch im Tourismusgeschäft kompensiert werden? Wir hoffen auf den deutschen Markt, weil wir glau- ben, dass die Menschen erst mal in ihrem Heimat- land bleiben wollen. Berlin ist hier klar im Vorteil – mit demKitzel der Metropole und demeinzigartigen kulturellen Angebot. Zudem ist Berlin eine sehr grüne und wasserreiche Stadt, darauf werden wir unsere Marketing-Kampagne konzentrieren. Dennwir neh- men an, dass enges Großstadtgewusel zunächst nicht so nachgefragt sein wird. Welche Perspektiven sehen Sie für das Kongressgeschäft? Große Hoffnungen setzt die Branche auf Kongresse und Messen wie die IFA, die im letzten Drittel die- ses Jahres stattfinden sollen. Wir hoffen, dass sich die Lage bis dahin beruhigt hat. Das Berlin Con- vention Office von VisitBerlin verhandelt gerade mit großen Veranstaltern über Kongresse in den Jahren 2025 bis 2028, um sie zu gewinnen. Hier gehen Arbeit und Nachfrage unbeeindruckt weiter. Auf welche Maßnahmen setzt VisitBerlin in der jetzigen Phase? Wichtig ist, dass vom Ozeanriesen Berlin noch Sig- nale ausgehen und die Bordkapelle weiterspielt. Wir haben die Initiative „From Berlin with Love“ gestartet, mit der wir unsere vielen Millionen Fol- lower mit Live-Streams von Konzerten, Theater- aufführungen und Impressionen aus unserer wun- dervollen Stadt versorgen. Aus der Resonanz sehen wir, dass wir damit den Nerv unserer Freunde in Deutschland und weltweit treffen. FOTOS: PA/DPA/BRITTA PEDERSEN, VISITBERLIN/THOMAS KIEROK Burkhard Kieker Geschäftsführer VisitBerlin „Wichtig ist, dass vom Ozeanriesen Berlin Signale ausgehen“ 14 Millionen Besucher kamen 2019 nach Berlin, davon knapp 5,5 Millionen aus dem Ausland. Der inländische Tourismus könnte in nächster Zeit einen Teil der krisenbedingten Verluste abfangen. Simone Blömer, IHK-Key-Account Managerin Handel, Tourismus und Gastgewerbe Tel.: 030 / 315 10-432 simone.bloemer@ berlin.ihk.de 35 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2020 BRANCHEN | Tourismus

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1