Berliner Wirtschaft 5/2018
BERLINER WIRTSCHAFT 05/18 22 MEINUNG & MACHER Kirsten Meisel sitzt seit 2016 auf dem Chefsessel der Meisel Musikverlage FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Kirsten Meisel will die Meisel Musikverlage als Familienunternehmen erhalten. Ich möchte nicht, dass wir uns durch unsere Tradition ein zu enges Kor- sett anlegen. trifft. Ichwürde eher sagen, das Unternehmen hat von Anfang an populäre Musik aus Deutschland verlegt. Als Will Meisel in den Zwanziger- und Dreißigerjahren angefangen hat, waren es Ope- retten und Opern. Da waren auch Lieder dabei, die heute noch von Max Raabe interpretiert wer- den. Seine Söhne Peter und Thomas haben dann natürlich ganz große Erfolge mit dem klassischen deutschen Schlager gefeiert. Wegener: Ja, diese Erfolge haben mir sehr impo- niert. Man darf nicht vergessen, dass die beiden noch sehr jung waren, als sie das Unternehmen übernommen haben – gerade einmal 25 und 20 Jahre. Und gleich der zweite Titel, den sie produ- ziert haben, wurde ein Riesenhit: „Zwei kleine Ita- liener“ von Conny Froboess. Aberwennman sieht, was die beiden später gemacht haben, ist popu- läre, deutschsprachige Musik sicherlich die bes- sere Formulierung. Meisel: Sie haben dann auch sehr erfolgreich mit Frank Farian zusammengearbeitet und Boney M. bekannt gemacht, und anfangs feierte auch Die- ter Bohlen mit Modern Talking seine ersten gro- ßen Erfolge bei Meisel. Werden Sie sich auf diese Tradition besinnen, wenn Sie neue Autoren und Künstler herausbringen? Meisel: Ich möchte nicht, dass wir uns durch un- sere Tradition ein zu enges Korsett anlegen oder gute Ideen blockieren. Aberwirwollen uns schon weiterhin auf deutsche Autoren konzentrieren – aber nicht nur aus dem Schlager-Bereich. Das kann auch Hip-Hop sein. Wichtig ist dabei, dass sie auch gut im Ausland zu vermarkten sind. Neben dem Musikverlag haben Sie auch das Hansa Tonstudio – welcher Bereich ist betriebswirtschaft- lich wichtiger? Meisel: Mit der Verwertung des Verlagskatalogs erzielen wir eindeutig höhere Erträge. Das Ton- studio ist ein Dienstleistungsbetrieb, der längst nicht so rentabel ist, uns aber hilft, Musikrechte zu generieren. Wir haben dann nicht nur Rechte an der Komposition, sondern auch Masterrech- te, die auch die Rechte am Tonträger beinhalten. Dass Sie als Musikverlag ein Tonstudio haben, ist et- was Besonderes. Warum machen das andere Verla- ge nicht auch? Wegener: Der Betrieb eines Tonstudios ist sehr teuer. Das ist ja auch der Grund, warum wir den Studio-Betrieb reduziert haben. Durch die neu- en Technologien in den Achtziger- und Neunzi- gerjahren arbeiten immer mehr Produzenten in eigenen kleinen Studios. Man braucht heute die großen Studios oft nicht mehr. Anders ist das bei Bands mit klassischen Instrumenten wie Schlag- zeug, Bass und Gitarre. Das Studio hat dann auch eine spezielle Atmosphäre. Es gibt das Team der Toningenieure. Und die Hansa Studios haben auch einen besonderen Namen. Viele Künstler möch- ten dort einmal produzieren. Wenn Künstler sich heute auch selbst produzieren können, was bieten Sie ihnen denn, damit sie mit den Meisel Verlagen zusammenarbeiten? Meisel: Die Hauptaufgabe ist nicht, das Studio zur Verfügung zu stellen, sondern das Netzwerk und die Beziehungen. Es geht um das Know-how, wie Musik vermarktet wird undwenman ansprechen muss, um eine möglichst große Verbreitung zu er- reichen. Die Unterstützung auf der rechtlichen Seite ist auch wichtig. Das sind die Fähigkeiten, die ich für Kernkompetenzen halte, die ein Mu- sikverlag heute habenmuss. Viele Künstler haben keine Lust, sich mit den bürokratischen Vorgän- gen rund um Rechteverwertung zu beschäftigen. Welche Chancen bieten Ihnen digitale Plattformen wie Spotify und YouTube?
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