Berliner Wirtschaft 5/2018

MEINUNG & MACHER 21 BERLINER WIRTSCHAFT 05/18 D ie Meisel Musikverlage haben Rech- te an Titeln von Drafi Deutscher, Ro- land Kaiser, Marianne Rosenberg oder Modern Talking. ImHansa Ton- studio, das zur Firmengruppe gehört, haben be- reits David Bowie, Iggy Pop und Depeche Mode produziert. Geschäftsführerin Kirsten Meisel und Senior Consultant Jens-Markus Wegener wollen nun die Rechte an den alten Titeln verstärkt im Ausland und digital vermarkten, um spätestens zum 100-jährigen Firmenjubiläum im Jahr 2026 mit neuen Künstlern und Autoren an den Glanz alter Zeiten anzuknüpfen. Berliner Wirtschaft: Frau Meisel, Sie hatten vor zwei Jahren überlegt, ob Sie die Meisel Musikverla- ge verkaufen. Sind Sie heute froh, dass Sie es nicht getan haben? Kirsten Meisel: Ja, nach dem unerwarteten Tod meines Mannes Sven gab es im ersten Moment natürlich Überlegungen, was das Beste ist: Ver- kaufen oder weitermachen? Übernahme-Ange- bote von anderen Verlagen gab es. Aber ich ha- be mich entschieden, weiterzumachen – auch für unsere gemeinsame Tochter, die jetzt 14 Jah- re alt ist. Sie soll einmal die Möglichkeit haben, dieses Unternehmen in vierter Generation fort- zuführen. Aber jetzt wollen wir erst mal die 100 Jahre vollmachen. 1926 hat Will Meisel den Ver- lag gegründet. Seit Februar dieses Jahres verstärken Sie, HerrWege- ner, das Management als Senior Consultant.Was reizt Sie an diesem Job? Jens-Markus Wegener: Die Meisel Musikverla- ge sind in der Musik-Verlagsbranche ein wirkli- cher Begriff. Es gibt in dieser Branche nur noch sehr wenige traditionelle Familienunternehmen – und dazu gehört Meisel. DieAufgabe, dieses Un- ternehmen so aufzustellen, dass es auch in Zu- kunft in dieser Form weitermachen kann, ist für mich eine sehr reizvolle Herausforderung. Es gibt in unserer Branche so viele Fusionen und Über- nahmen undVerkäufe, dass ich es toll finde, wenn auch mal ein Unternehmen in dritter Generation noch eine Familientradition bewahrt. Was ist denn die größte Herausforderung? Die Digi- talisierung? Wegener: Also aus meiner Sicht – ich habe ja noch so ein bisschen den Blick von außen – ist das Besondere an den Meisel Musikverlagen der unglaublich interessante Katalog – damit ist der Bestand an Musikrechten gemeint. Einen sol- chen Katalog, der Musik aus den Zwanzigerjah- ren ebenso beinhaltet wie Titel aus der Neuzeit, gibt es nicht oft. Ich spreche viel mit potenziel- lenVermarktungspartnern imAusland und erfah- re immer wieder, auf welch großes Interesse ein solcher Katalog stößt. Andere Unternehmen ha- ben bei Weitem kein so breit gefächertes Reper- toire. Sie bietenmeist nur eine bestimmte Musik- richtung oder nur Musik aus einem bestimmten Jahrzehnt. Meisel: Aber die Rechte an diesem Katalog müs- sen natürlich auch entsprechend ausgewertet werden – nicht nur in Deutschland, sondern in- ternational. Und in der heutigen Zeit spielt na- türlich auch die Digitalisierung eine große Rolle. Auch hier müssen wir unsere Potenziale nutzen. Wie gehen Sie da vor? Wegener: Unsere Strategie ist, zunächst die Aus- wertungsbasis zu verbreitern. Ich kümmere mich daher aktuell sehr intensiv um das Auslandsge- schäft, damit wir wirklich in allen Ländern die- ser Welt vertreten sind. Deshalb war ich gerade in Paris, Amsterdam und London. Wir haben zu- dem Verträge mit Vermarktungspartnern in Ja- pan und Australien abgeschlossen, und auch in Lateinamerika sind wir jetzt aktiv. Wir holen im Moment das nach, was Verlage mit modernerer Popmusik schon getan haben, und schließen die- se Lücken. Danach habenwir auch die Basis, neue Autoren und Künstler unter Vertrag zu nehmen. Bleiben Sie dabei Ihrer Schlager-Tradition treu? Meisel: Ich finde, dass der Begriff Schlager die Tradition der Meisel Musikverlage nicht so ganz » Geschäftsführerin Kirsten Meisel will die traditionsreichen Meisel Musikverlage als Familienunternehmen erhalten und mit Senior Consultant Jens-Markus Wegener nun richtig durchstarten » Von Michael Gneuss „Spotify und YouTube sind gut für uns“ FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Jens-Markus Wegener begann seine Lauf- bahn in der Musik- branche Ende der achtziger Jahre. Das Besondere an den Meisel Musikverlagen ist der unglaublich interessante Katalog. INTERVIEW DES MONATS

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