Berliner Wirtschaft 5/2018
BERLINER WIRTSCHAFT 05/18 16 TITELTHEMA Berliner Wirtschaft: Herr Hanschke, wie sehen die Angebote des Arbeitgeber-Services „Asyl“ aus? André Hanschke: Wir erreichen Unternehmen zunächst über Veranstaltungen, Netzwerkarbeit und Kampagnen, informieren aber auch in indi- viduellen Gesprächen, welche Chancen ihnen aus der Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchte- ten erwachsen. Wenn wir dann in die Arbeit mit einem konkreten Unternehmen einsteigen, star- tenwir immer mit einer sensibilisierenden Bera- tung, um festzustellen, wie die Bedingungen vor Ort sind, welche geeignetenMöglichkeiten es dort für die innerbetriebliche Integration von Schutz- suchenden gibt oder wie die Belegschaft darauf eingestellt ist. Wenn das alles geklärt ist und das Unternehmen ein einstiegsqualifizierendes Prak- tikum als Vorbereitung für eine Ausbildung an- strebt, treffen wir eine Bewerbervorauswahl, um geeignete Kandidaten mit dem Betrieb zusam- menzubringen. Damit ist Ihre Arbeit aber noch nicht beendet. Wir beraten und begleiten die Betriebe natürlich weiter. Da Geflüchtete fast nie über Zertifikate oder nachgewiesene berufliche Qualifikationen verfügen, ist ein betriebliches Praktikum meist unumgänglich, umüberprüfen zu können, welche beruflichen Kompetenzen tatsächlich vorhanden sind. Und dann räumenwir schon imVorfeld alle rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer möglichen Arbeits- und Ausbildungs- aufnahme ab. Mit welchen Fördermöglichkeiten unterstützen Sie die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten? Wir können etwa einstiegsqualifizierende Lang- zeit-Praktika durch die Bezuschussung der Ver- gütung fördern. Bei diesen Praktika stellt man fest, ob Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zu- sammenpassen. Gleichzeitig erlangen die jungen Menschen erste berufliche Grundkenntnisse. Die- sen Prozess können wir mit ausbildungsbeglei- tenden Hilfen, Nachhilfe- und Stützunterricht so- wie begleitenden Sprachkursen flankieren, die André Hanschke vom Arbeitgeber-Service „Asyl“ über die Chancen, Geflüchtete mit potenziellen Arbeitgebern und Ausbildungsbetrieben in Berlin zusammenzubringen „Wichtigste Voraussetzung ist die deutsche Sprache“ durch das Bundesamt für Migration und Flücht- linge gefördert werden. Wir greifen also auf di- verse Förderleistungen zurück, um einen erfolg- reichen Berufseinstieg von jungen Geflüchteten, aber selbstverständlich auch von anderen be- nachteiligten Jugendlichen zu unterstützen. Die- se und andere Leistungenwie die Assistierte Aus- bildung können auch während der Ausbildung in Anspruch genommen werden. Am Ende eines solchen Praktikums setzen wir uns dann wieder mit dem Betrieb zusammen, stellen fest, ob der betreffende Kandidat einsteigen kann oder ob es noch weitere sprachliche oder berufliche Quali- fizierungen braucht, zum Beispiel einen Schwei- ßer-Lehrgang, den wir fördern. Wie viele Arbeitgeber haben Sie bislang beraten? Und wie viele Geflüchtete konnten Sie für Praktika, Ausbil- dungen oder Jobs vermitteln? Unser Arbeitgeber-Service hat inzwischen mit mehreren Hundert Unternehmen und Aus- bildungsbetrieben aus den unterschiedlichs- ten Branchen kooperiert – von Konzernen über Mittelständler bis zu Kleinstunternehmen. Bis jetzt haben in Berlin rund 10.000 Menschen mit Fluchthintergrund eine sozialversicherungs- pflichtige Beschäftigung aufgenommen. Welche Voraussetzungen sollten Geflüchtete haben, um Arbeit zu bekommen? Und was sollten Arbeitge- ber wissen und beachten, die sie einstellen wollen? Für Arbeitgeber spielt die rechtliche Komponente eine ganz wichtige Rolle. Man sollte wissen, wel- chen Aufenthaltsstatus ein Geflüchteter besitzt. Daraus leitet sich ab, ob zum Beispiel noch ei- ne Beschäftigungserlaubnis bei der Ausländerbe- hörde einzuholen ist. Auch sollte man wissen, ob die Belegschaft bereit ist, Kolleginnen oder Kol- legen aus anderen Kulturkreisen zu integrieren, und ob man die neuen Arbeitnehmer beim Um- gang mit Behörden oder bei derWohnungssuche unterstützen kann. Diewichtigste Voraussetzung bei Geflüchteten ist ganz klar die deutsche Spra- che – auch in Schriftform. ‹ AFK FOTO: BUNDESAGNTUR FÜR ARBEIT André Hanschke Der Projektleiter beim Arbeitgeber- Service „Asyl“ der Agentur für Arbeit Berlin Süd kümmert sich seit 2016 um die Arbeitsmarkt- integration von Geflüchteten in ganz Berlin. 28.000 Geflüchtete sind in den Arbeitsagenturen und Jobcentern arbeitssuchend gemeldet. 10.000 Menschen mit Flucht- hintergrund haben bis jetzt in Berlin eine Beschäfti- gung aufge- nommen.
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