Berliner Wirtschaft 5/2018
BERLINER WIRTSCHAFT 05/18 12 TITELTHEMA FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Es mangelt aber nicht nur an Fachkräften, son- dern auch an geeigneten Bewerbern, die sich dazu ausbilden lassen wollen. Im September 2017 zähl- te die Bundesagentur für Arbeit deutschlandweit annähernd 550.000 gemeldete Ausbildungsstel- len, von denen nur rund 500.000 besetzt werden konnten. In Berlin blieben imvergangenen Jahr von den 14.650 betrieblichenAusbildungsplätzen knapp 1.200 unbesetzt. Digitale Zusatzangebote und neue Berufsbilder „Berliner Unternehmen haben es zunehmend schwer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen – und das bei einem wachsenden Bedarf an Fachkräf- ten“, sagt Dr. Constantin Terton, IHK-Bereichslei- ter Fachkräfte & Innovation. „Die IHK Berlin nimmt diese Warnsignale ernst, indem sie mit digitalen Zusatzqualifikationen und neuen Berufsbildern wie dem E-Commerce-Kaufmann die Attraktivi- tät und Zukunftsfähigkeit der dualen Ausbildung stärkt.“ Zudemmüsse der Übergang von der Schu- le in den Beruf besser gelingen. Denn Nachwuchs ist dringend gefragt, weil in den kommenden zehn Jahrenmehr als 230.000 sozialversicherungspflich- tig beschäftigte Berliner in Rente gehen werden. Die Berliner Wirtschaft setzt deshalb zuneh- mend auf Arbeitnehmermit Fluchthintergrund. Von ihnen arbeiten bislang rund 10.000 in sozialversi- Tabak- oder Presse- sortimente sind nicht so attraktiv für Jugendliche. Und es gibt auch mal Wochenend- oder Feier- tagsarbeit. Nadine Lubda Unternehmens- gruppe Dr. Eckert Nadine Lubda, zuständig für Aus- und Weiterbildung 72 Auszubildende hat das Unternehmen zurzeit in seinen Verwaltungszentralen in Berlin und Stuttgart, ein Drittel davon mit Migrationshintergrund. In den Läden der Gruppe ist die gute Beherrschung der deutschen Sprache ein wichtiges Kriterium. cherungspflichtigen Jobs, und 472 junge Geflüchte- te begannen imvergangenen Jahr eine Ausbildung. Der Arbeitgeber-Service „Asyl“ bei der Agentur für Arbeit Berlin Süd geht den örtlichen Unternehmen dabei zur Hand. Bei Veranstaltungen, über Netz- werkarbeit und mit Kampagnen werden gezielt Unternehmen angesprochen. Projektleiter André Hanschke: „Wir vermitteln vor allem Praktika und Ausbildungsplätze und stellen fest, dass der An- teil ausbildungsreifer Geflüchteter stetig wächst – und damit auch das Potenzial der Nachwuchs- kräfte von morgen“ (siehe Interview S. 16). Viele Unternehmen haben offenbar diemit Viel- falt verbundenen Chancen entdeckt und nutzen die- se bewusst. „Diversity Management bietet Ansätze und Instrumente dafür, die Unternehmenskultur und den eigenenMarktauftritt so zu verändern, dass sichvielfältige Talente angesprochen fühlen“, sagt Dr. Marion Haß, Geschäftsführerin Wirtschaft und Po- litik bei der IHK Berlin. „Dabei sind die Unterneh- men jedoch auf gute politische Rahmenbedingun- gen angewiesen.“ Denn gerade vor demHintergrund der sich wandelnden Arbeitswelt müssten künftig ausreichende Handlungsmöglichkeiten – vor allem für unternehmerischeAktivitäten – zugelassenwer- den, umGeflüchtete inArbeit integrieren zu können. Kerstin Oster von den BerlinerWasserbetrieben verlässt sich da lieber auf den Erfindungsreichtum
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