Berliner Wirtschaft 4/2018

UNTERNEHMEN & MÄRKTE 53 BERLINER WIRTSCHAFT 04/18 Köpenick, das als VEB zu den führenden Herstellern von Nachrichtentechnik in der DDR gehört hatte. Das Unternehmen überlebte tech- nische tief greifende Veränderungen: Mit der Einführung der Selbstwähldienste und dem Bau von Telefonzellen in der Fläche brach ein neues Zeitalter ein, das in jüngerer Zeit durch die Revolution di- gitaler Netze abgelöst wurde. Als das Handy noch Fernsprecher hieß War ein Mann der ersten Stunde in Sachen Telefonie: Robert Stock gründete die Deutschen Telephonwerke, die europaweit für heiße Drähte sorgten » Von Prof. Dr. Klaus Dettmer, Björn Berghausen (BBWA) Manuelle Verbindung per Stecksystem: Vermittlungsstelle im Jahr 1904 U nternehmen entstehen, wenn sie am richtigen Punkt einen Bedarf der Zeit erkennen. Die Deut- sche Telephonwerke und Kabelindu- strie AG (DeTeWe), gegründet von Robert Stock, ist ein Beispiel dafür. Stock kam aus Mecklenburg und lernte bei den er- sten Adressen in Berlin das Schlosser- handwerk. In Heimarbeit begann er für seinen letzten Lehrherren Mix & Genest Telegraphenapparate herzustellen. Der gelernte Mechaniker Stock war schnell und gut und stellte am 11. Mai 1887 seinen ersten Mitarbeiter ein. Auf diesen Tag berief sich das Unternehmen stets als Gründungsdatum. Die handelsregister- liche Eintragung erfolgte später. Als Stock den Grundstein für die DeTeWe legte, war die Telefon-Kommu- nikation jung. 1877 wurde der Fernspre- cher eingeführt, 1881 wies erstmals ein Adressbuch die ersten Anschlussinhaber nach. Aufträge des Generalpostmeisters Stephan bringen Stocks Telephonwerke rasch voran. Schließlich fand er mit der Nickelschen Gärtnerei das zur Expansion geeignete Gelände in der Zeughofstraße, wo die DeTeWe bis heute residieren. Auf der Berliner Gewerbeausstel- lung von 1896 im Treptower Park prä- sentierten die Telephonwerke dem stau- nenden Publikum ein Telephon-Ver- bindungsamt, in dem durch Steckverbindungen Anrufer manuell verbunden wur- den. Das legendäre „Fräu- lein vom Amt“ blieb für die kommenden 50 Jahre die beherrschende Figur in der Telekommunikation. Rund 300 Menschen ar- beiteten für Stock, als er 1900 die Deutschen Tele- phonwerke DeTeWe verkaufte. Er wid- mete sich seinem anderen Unterneh- men, der R. Stock&Co. Spezialbohrer-, Werkzeug- und Maschinenfabrik, von der er sich aber schon 1903 trennte. Die DeTeWe verlegten sich auf Fernsprechämter und rüsteten euro- paweit über 120 Fernmel- de- und Fernsprechämter aus, aber auch Behör- den- und Amtsnetze. Öf- fentliche Fernsprechstel- len fanden sich nur in Post- ämtern. Rohrpost im Nahbe- reich und Telegraphie mach- ten dem Telefon noch lange Konkurrenz. Die Umstellung auf elektromechanische Ver- mittlungsstellen erfolgte Ende der 1950er Jahre. Nach der Wende expandierte die DeTeWe und erwarb das Funkwerk UNTERNEHMENSHISTORIE FOTOS: BBWA Gründer der DeTeWe: Robert Stock Für Interessierte geöffnet Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsar- chiv (BBWA) ist eine Forschungseinrichtung für regionale Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur. Bestände können eingesehen werden. Kontakt und Info: www.bb-wa.de BBWA

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