Berliner Wirtschaft 1/2021

Osnat Michaeli Mitgründerin und Chief Brand Officer InFarm GmbH Urban Farming im großen Stil, aber auf kleinen Flächen. Mit dieser Idee richtet das 2013 gegründete Unter- nehmen sogenannte vertikale Farmen etwa in Super- märkten ein und betreut die Systeme dann. das Bakterien in das natürliche Düngemit- tel Nitrat umwandeln. Mit dem Fischwas- ser werden die Pflanzen gewässert, die die Nährstoffe aufnehmen und es dadurch rei- nigen. Schließlich wird es wieder in die Fischtanks gepumpt. Üblicherweise muss man Wasser in Aquaponik-Anlagen regelmäßig austau- schen, meist einmal proWoche. TopFarmers hat ein Verfahren ersonnen, das die Entsor- gung überflüssig macht: AquaTerraPonic. „Die Pflanzen wachsen in einer eigens ent- wickelten Erde, dadurch reinigen sie das Wasser wirklich, und der Nährstoffgehalt sinkt auf ein für die Fische angenehmes Niveau“, sagt Anne-Kathrin Kuhlemann. „Das ermöglicht uns, den Wasserkreislauf zu schließen. Es gibt bei uns schlicht kein Abwasser.“ Die komplexen Anlagen bilde- ten ein Ökosystem nach, im Gewächshaus leben Ringelnattern, Frösche und Eidechsen. Roboter als Gärtner „Wir wollen, dass die Natur so viel Arbeit wiemöglich selbst übernimmt, müssen aber gleichzeitig immer wissen, was gerade in der Anlage vor sich geht, um notfalls steu- ernd eingreifen zu können“, erläutert die Geschäftsführerin. Jede Menge Sensoren und Messgeräte sind im Einsatz, die Warn- meldungen abgeben, wenn bestimmte Werte über- oder unterschritten werden. Außerdem habe man – noch im Test auf nur einemPflanztisch, bald aber auf allen – einen Roboter, der frühzeitig geschwächte Pflan- zen und Schädlinge erkenne. So könne die Zahl der eingesetzten Nützlinge wie die Larven von Florfliegen oder Raubwespen weiter reduziert werden. Kuhlemann: „Aktuell testen wir außer- dem, ob ein Roboter effizienter ist in der Anzucht, weil er rund um die Uhr alles kontrollieren und für optimale Bedingungen sorgen kann.“ Die Technologie bezieht die StadtFarm vom Berliner Unternehmen Be-Bots, das Überwachungs- und Automatisierungslösungen für die Landwirt- schaft, speziell für Betreiber von Gewächshäu- sern, entwickelt. Dem Beirat von Be-Bots gehört auch StadtFarm-Chefin Kuhlemann an. Mit ihren Erzeugnissen beliefert die Stadt- Farm vor allem gastronomische Betriebe, aber auch Privatkunden, die Gemüse- und Fischbo- xen abonnieren können. ProWoche werden Hun- derte von Boxen per Fahrrad oder Kühltransporter ausgeliefert, „und solange wir noch nicht in ande- ren Städten präsent sind, verschicken wir unsere Produkte auch per Post“, erläutert Kuhlemann. Derzeit gebe es auch Verhandlungenmit Großab- nehmern. Baldwird in der Rummelsburger Bucht eine weitere StadtFarm eröffnet. „Das wird ein einziges Gewächshaus mit verschiedenen Klima- zonen sein, optimal auf unsere Bedürfnisse aus- gerichtet.“ Zudem suche man zurzeit mit Part- nern in München und Hamburg nach Standorten und verhandele mit gut einem Dutzend Städten in Deutschland. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation hat in einer Studie aktuelle Ent- wicklungen im Urban Farming untersucht. „Die Städte müssten sich generell überlegen, wie sie Urban Farming in ihre Städtebaukonzepte einbin- den und inwieweit sie es fördern möchten“, kon- statiert Mitautorin Marielisa Padilla. Um das » » FOTOS: CECF FARMSYSTEMS GMBH BERLIN, ROBERT RIEGER/FVF PRODUCTIONS 21 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 01 | 2021

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