Berliner Wirtschaft 1/2020

Schlechte Noten für die Berliner Wirtschaftspolitik Die fehlende Mittelstandsfreundlichkeit stand im Fokus des jährlichen Treffens des Kompetenzteams mit den wirtschaftspolitischen Sprechern. Es gab aber auch überraschende Vorschläge und Mehrheiten Kompetenzteam Wenn Sie sich für unsere Arbeit interessieren, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf unter: ihk-berlin. de/kompetenzteam Mittelstandscheck Weitere Informationen zum Thema auf der IHK-Website unter: ihk-berlin.de/ mittelstandscheck2019 E nde letzten Jahres hatte das Kompetenz- teamMittelstand zu seinem alljährlichen, aber nun im neuen Gewand stattfinden- den Treffen mit den wirtschaftspoliti- schen Sprechern eingeladen. Die Türen zumAus- tausch über fehlende Mittelstandsfreundlichkeit in der Berliner Wirtschaftspolitik waren erstma- lig über das Kompetenzteam hinaus auch für die Presse und ausgewählte Unternehmen geöffnet. Inhaltliches Futter hatte sich das Kompe- tenzteam unter anderem aus den „Stadtgesprä- chen Mittelstand“ geholt, das es als neues For- mat im letzten Jahr erfolgreich eingeführt und viermal angeboten hat. Ergebnis ist ein Mittel- standscheck für zehn ausgewählte Themen, bei denen das Land Berlin seine Mittelstands- orientierung offensichtlich zu Hause vergessen hat. Integraler Bestand- teil des Checks sind konkrete For- derungen aus den Reihen der Unternehmer, wie Mittelstand- spolitik besser gelingen kann. Für jedes Thema, jede Forde- rung saß ein Unternehmens- beispiel am Tisch und präsen- tierte die Problematik aus eige- ner Betroffenheit. Die rote Laterne errang mit Pau- ken und Trompeten erneut die Ver- waltung mit den Themen „Zukunfts- pakt Verwaltung“ (ein Dreivier- teljahr nach dem Start träumt der Unternehmer weiter von einheitli- chen Strukturen und vertretbaren Bearbeitungszeiten bei Anträgen), „Servicekonto“ (zwei Jahre nach dem Start sind die angebundenen Fachverfahren immer noch an einer Hand abzählbar) und „CityLAB“ (das nach sechs Monaten noch immer rätselt, wie es das Know-how innovativer Govtech-Unternehmen in die Verwaltung schleust). Schön passte da der Satz eines Abgeordneten aus Kreisen der Regie- rungskoalition: „Die Verwaltung in Berlin führt ein Eigenleben“ – wie wahr! Kontroverser wurde die Diskussion, als es um Bildungspolitik/Fachkräfte, also mangelnde Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger ging, um unzureichende Ausstattung der Berufsschulen oder die geringe Verflechtung von Hochschulen und Mittelstand. Hier fand der Vorschlag eines Oppositionsvertreters, das Bildungsressort durch einen Unternehmer und damit womöglich nach- haltiger und zielorientierter führen zu lassen, lei- der keine Mehrheit. Die gab es dann überraschend zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: So stimmte entgegen der aktuellen Senatsmeinung ein Vertreter der Regierungskoalition für den Ausbau von U-Bahn-Strecken, was aus Unter- nehmer-Sicht die Erreichbarkeit der Arbeitsplätze durch die Mitarbeiter verbessern und Raum für den Wirtschafts- und Lieferverkehr schaffen würde. Wenn das mal keinen Ärger gibt! Das Resümee lautet, dass wir uns mit unse- ren Forderungen parteiübergreifend Gehör ver- schafft haben. Als Kompetenzteam Mittelstand verbinden wir damit die Erwartung, dass die wirtschaftspolitischen Sprecher den Input in ihre Fraktionen tragen. Daran darf ich meinen Wunsch für das neue Jahr anschließen: Klarer Menschenverstand schlägt Parteibuch. ■ FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Sebastian Stietzel ist Vorsitzender des IHK-Kompetenzteams Mittelstand und Mitglied der Geschäftsleitung der The Social Chain AG AGENDA | Mittelstandskolumne

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